Liebe Leserin, lieber Leser,
fast könnte man nahtlos an das Geleitwort im November 2014 anknüpfen: Dort war unter anderem das Stichwort „Husten“ gefallen – und zwar im Zusammenhang mit Herzerkrankungen, die bei älteren Menschen durch eine chronische Bronchitis hervorgerufen werden können.
Nun gibt es – sozusagen druckfrisch – neue Leitlinien, wie der „Husten“ am besten zu handhaben ist. Demnach ist das meiste, das in diesem Zusammenhang bislang von der Medizin gemacht wird, offenbar falsch oder unnötig. Gemäß einer aktuellen Empfehlung reicht die körperliche Untersuchung bei Husten aus. Blutentnahme und weitergehende Untersuchungen seien unnötig. Übliche Schleimlöser wie ACC seien weitgehend wirkungslos, pflanzliche Hustenmittel wie Thymian, Efeu und Primel zeigten einen „begrenzten“ Nutzen. Die Verordnung von Antibiotika sei nutzlos bis riskant, da zumeist Viren den Husten verursachen.
Wichtig sei auch, den Patienten von der Harmlosigkeit des Symptoms zu überzeugen, das leicht 20 bis 25 Tage andauern könne. Raucher solle man zudem bei Husten zum Nikotinverzicht „motivieren“… Bei älteren Menschen („über 40“) soll man auch an Magensaftreflux, chronische Lungenerkrankungen (COPD) und Arzneimittelnebenwirkungen als Hustenursache denken.
Aus praktischer Sicht würde ich vielem, was diese Leitlinien sagen, zustimmen, vor allem, was die begrenzte Wirkung diverser Hustenmittel und Schleimlöser angeht. Dass das Symptom „harmlos“ ist, würde ich aber in vielen Fällen nicht unterstreichen. Vor allem ältere Menschen leiden oft heftig – bis hin zu starken Schmerzen im Rumpfbereich infolge einer Überlastung der beim Husten aktivierten Muskulatur. Selbst Rippenbrüche durch heftige Hustenstöße kommen besonders bei älteren Menschen mit Osteoporose ab und zu vor.
Für Betroffene stellt sich also schon die Frage: Was hilft wirklich bei hartnäckigem Husten? Meines Erachtens schlägt hier die Stunde physikalischer Therapien: intensive Einreibung des Brustkorbs und des Rückens mit entsprechenden ätherischen Salben (sofern verträglich), die oft Eukalyptus enthalten. Etliche moderne Produkte scheinen mir allerdings von der Wirkstoffdichte weniger intensiv als noch vor ein paar Jahren. Gut ist die Pferdesalbe, die unter anderem Arnika, Rosmarin, Campher und Menthol enthält. Unterstützend wirken auch Brust- und Rumpfwickel sowie Bestrahlungen mit Rotlicht. Und für die Nacht: das feuchte Zelt, das heißt feuchte Tücher neben oder über dem Bett zur Befeuchtung der Raumluft. Zusätzlich bewährt sich die Behandlung ausgewählter Akupunkturpunkte, die unter Umständen auch geschröpft werden können. Und was die Heilpflanzen betrifft: Sie wirken unterschiedlich, je nachdem, ob es sich um einen trockenen oder Husten mit Auswurf handelt, wie Prof. Dr. Karin Kraft in Heft 11/2013 ausführlich dargestellt hat.
Husten kann erheblichen Leidensdruck erzeugen und bedarf in Einzelfällen auch intensiver Behandlung. Und wenn er gar nicht weichen will oder der Patient in einen insgesamt schlechten Allgemeinzustand gerät, ist weitergehende Diagnostik sehr wohl notwendig. Husten steht schließlich nicht umsonst auf Platz sieben der häufigsten Krankschreibungsursachen und führt im Durchschnitt pro Jahr zu sechseinhalb Tagen Arbeitsunfähigkeit. „Harmlos“ ist demnach sehr relativ.
Mit besten Grüßen
Ihr Dr. med. Rainer Matejka
Archivfoto: Matejka