Die 22-jährige Studentin kam zunächst nicht besonders motiviert in die Praxis. Mürrisch berichtete sie, dass ihre Mutter ihr zu dem Arztbesuch geraten (und ihn auch bezahlt) hatte. Eigentlich sei es ihr nicht unlieb, dass die Menstruation nur alle paar Monate käme, und die begleitenden Schmerzen hätte sie mit Schmerzmitteln ganz gut im Griff. Der Gynäkologe, den sie aufgesucht hatte, riet zu einer „Pille“, aber bevor sie das tue, wollte die Mutter sie doch einmal von mir beraten sehen.
Was sie sich denn selbst erhoffe, war meine Frage, und da kamen schon die Tränen. Sie stünde unter ihren Studienkolleginnen total unter Druck, weil sie keinen Freund habe und auch noch nie einen gehabt hätte. Sie habe solche Angst, was da auf sie zukäme, dass sie wohl alle Kandidaten in die Flucht schlage. Es folgte ein längeres Gespräch über Se-xualität und wovor genau sie sich denn fürchte. Nein, Übergriffe habe sie nie erlebt, sie sei einfach so schüchtern und verberge dies unter einem Mantel von „Borstigkeit“. Der Bann war gebrochen und die kluge junge Frau formulierte selbst die These, dass ihre Beschwerden mit ihrer Unsicherheit in Bezug auf ihre Weiblichkeit zu tun haben könnten.
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