An einem Freitag wurde das Mädchen Elisa, 9 Jahre alt, erstmals von den Eltern vorgestellt. Das linke Ohr lief seit drei Wochen. Sie hatte bereits drei verschiedene Antibiotika deswegen bekommen, ohne dass eine Besserung aufgetreten ist. Dem Mädchen ging es subjektiv relativ gut, doch im linken Ohr fand sich reichlich Eiter und im Abstrich Streptokokken.
Das Tonschwellenaudiogramm zeigte rechts ein normales Hörvermögen, links dagegen einen Schallleitungsblock von 60 dB. Das heißt, die Schallübertragung durch die Gehörknöchelchenkette links funktionierte überhaupt nicht. Ich sah den Fall nicht als besonders dramatisch an und begann eine Behandlung mit Silicea D6 und Levisticum Ohrentropfen (Olivenöl mit verdünntem Auszug aus Liebstöckelwurzel).
Am darauf folgenden Wochenende bekam das Mädchen massiv Fieber, ihr Allgemeinzustand war plötzlich sehr schlecht. Hinter dem linken Ohr bestand eine starke, rote Schwellung. Diese Struktur, ein Ausläufer des Schläfenbeins, wird als Warzenfortsatz (Processus Mastoideus) bezeichnet. Das Ohr lief weiterhin. Die Blutsenkung war auf 98/109 erhöht, CRP mit 137 mg/l massiv erhöht – dies deutet meist auf eine bakterielle Infektion hin. Aufgrund der massiven Warzenfortsatzentzündung, die unter Umständen lebensgefährlich ist, da sie zu einem Hirnabszess führen kann, verordnete ich Antibiotika. Dies lehnte die Mutter ab, da schon drei Antibiotika vorher gegeben wurden. In der Tat ist von einer massiven Resistenzentwicklung gegen Antibiotika auszugehen, so dass diese Medikamente möglicherweise überhaupt nicht mehr helfen. Darauf riet ich den Eltern, mit dem Mädchen zwecks „Mastoid-
ektomie“ in einer Klinik vorstellig zu werden. Dabei handelt es sich um eine operative Ausräumung der Zellen hinter dem Ohr. Auch dies lehnten die Eltern ab.