Liebe Leserin, lieber Leser,
in Ländern wie Österreich und Slowenien soll es mittlerweile nicht nur eine Pflicht zur Ausgabe eines Kassenzettels geben, sondern auch eine Aufbewahrungspflicht für den Kunden. Dadurch soll einem Verdacht auf Steuerhinterziehung leichter nachgegangen werden können. Der Bürger wird sozusagen als Helfer der Steuerfahndung herangezogen.
Ganz so weit ist es in Deutschland bisher noch nicht. Gleichwohl soll auch hier eine Bonausgabepflicht eingeführt werden, um Manipulationen an elektronischen Kassensystemen zu erschweren.
Am Beispiel von Bäckereien wurde ausgerechnet, dass dadurch bei rund 61.000 Bäckereiverkaufsstellen im Lande rund fünf Milliarden Kassenbons mit einer Gesamtlänge von rund 500.000 Kilometern anfallen würden. Nur fünf Prozent der Kunden wollen den Kassenbon überhaupt mitnehmen. Also enormer Papierverbrauch und Müllberge, obgleich genau das im Rahmen von nachhaltigen Konzepten eigentlich vermieden werden soll.
Da es sich um beidseits bedrucktes Thermopapier handelt, dürfen diese Bons offiziell nicht einfach in der Papiertonne entsorgt werden. Das Thermopapier ist nämlich giftig. Es enthält den Weichmacher Bisphenol A (BPA) oder die chemisch verwandte Chemikalie Bisphenol S (BPS). BPA wirkt im Organismus ähnlich wie das Hormon Östrogen und steht im Verdacht, eine ganze Reihe von Krankheiten zu fördern, unter anderem Krebs, Unfruchtbarkeit, brüchige Zähne, Diabetes und weitere Stoffwechselstörungen. Fernerhin soll Immunschwäche begünstigt werden, bei Kleinkindern Asthma, bei größeren Kindern Entwicklungsstörungen. Auch Kassierer sehen sich entsprechend gefährdet, wenn sie ständig mit diesen Kassenzetteln herumhantieren müssen. Experten vom Umweltverband BUND warnen davor, dass bereits geringe Mengen eines hormonellen Schadstoffs negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben könnten.
Ab Januar 2020 darf BPA deshalb nicht mehr in Kassenzetteln in der EU verwendet werden. Allerdings steht auch der Ersatzstoff BPS im Verdacht, ähnlich „schädliche Wirkungen auf die Gesundheit zu haben wie BPA“, schreibt die Europäische Chemikalienagentur ECHA. Welche das genau seien, werde derzeit noch untersucht. Waschen Sie sich also vorsichtshalber nach dem Kontakt mit Kassenbons die Hände.
Als Zettelalternative werden „Apps“ empfohlen. Das Problem dabei ist: Das kann den Kunden vollkommen gläsern machen. Zu befürchten ist allerdings, dass genau das die Zukunft ist, spätestens dann, wenn die zu spürenden Bemühungen zur Bargeldabschaffung konsequent umgesetzt werden.
So richtig traut sich das Bundesministerium der Finanzen (BMF) aber wohl doch noch nicht, die Bonausgabe zur generellen Pflicht zu machen. Zumindest „Kleinstunternehmer“ sollen wie bisher „offene Kassen“ anstelle elektronischer Registrierkassen führen dürfen. Dazu das BMF: „Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität sieht § 146a Absatz 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) unter den Voraussetzungen des § 148 AO die Möglichkeit einer Befreiung von der Belegausgabepflicht vor …“ Wenigstens ein kleiner, wenn auch unbeabsichtigter Dienst des BMF im Sinne der Nachhaltigkeit.