Liebe Leserin, lieber Leser,
wie entsteht eigentlich eine Arteriosklerose? In Medizinerkreisen vermutet man als Hauptursache häufig immer noch eine Fetteinlagerung in Zusammenhang mit „schlechtem“ LDL-Cholesterin.
Tatsächlich ist die Situation offenbar komplexer: Am Anfang der Arteriosklerose kommt es zu Verdickungen der inneren Gefäßwand durch Vermehrung glatter Muskelzellen. Auslöser sind Bluthochdruck, Rauchen und ein chronisch erhöhter Insulinspiegel. Demnach sind vor allem Menschen mit Übergewicht, Fettleber und Diabetes Typ 2 gefährdet. In einem zweiten Schritt bilden sich infolge von Sauerstoffmangel in der Gefäßwand kleine neue Gefäße, durch die dann LDL-Cholesterinpartikel einwandern. In der Folge versuchen Makrophagen, das eingewanderte LDL aufzunehmen. Es entstehen Schaumzellen, auf deren Grundlage sich dann die arteriosklerotischen Ablagerungen bilden.
Am Anfang der Behandlung und zur Vorbeugung sollten daher Rauchstopp, Gewichtsnormalisierung und regelmäßige Bewegung stehen – ganz im Sinne der WHO-Empfehlungen. Sind in einer Familie besonders viele Mitglieder von Arteriosklerose wie koronarer Herzkrankheit betroffen, sollten automatisch Blutwerte wie Lipoprotein (a) (LPA) untersucht werden. In Holland passiert das, in Deutschland nicht. Durchschnittlich 20 Prozent der Bevölkerung weisen einen moderat erhöhten LPA-Wert auf, drei Prozent sogar einen stark erhöhten und sind daher besonders gefährdet.
Die Höhe des Cholesterinspiegels allein hat dagegen nur eine sehr indirekte Beziehung zum über die Nahrung aufgenommenen Fett. Ungünstige Werte entstehen vor allem durch reichliche Zufuhr von Nahrungsmitteln mit hoher glykämischer Last. Dazu zählt aber nicht nur Zucker, sondern auch andere stärkehaltige Nahrungsmittel.
Die vorstehend geschilderten Zusammenhänge beschrieb soeben ein Präventologe in einer Fachzeitschrift, also ein Arzt, der sich mit Vorbeugung beschäftigt. Er beklagt, dass Deutschland bezüglich Prävention in vielerlei Hinsicht rückständig sei. Nach wie vor ist die Tabaklobby stark. Hinzu kommt, dass offenbar weiterhin wesentliche „Akteure“ im Gesundheitswesen gar kein wirkliches Interesse an nachhaltiger Prävention haben: Durch den neulich schon erwähnten Risikostrukturausgleich profitieren etwa die gesetzlichen Krankenkassen teilweise mehr von schwerkranken Versicherten als von gesunden. Neben Leistungsanbietern wie Kliniken oder Großpraxen haben offenbar auch Körperschaften des öffentlichen Rechts – obwohl dem Allgemeinwohl verpflichtet – mitunter ein anderes Ziel: Wachstum …
Dr. med. Rainer Matejka