Wenn wir die Welt stets anders haben wollen, als sie nun mal ist, sollten wir das Problem vielleicht einmal grundsätz-lich beleuchten.
Widerstand zeigt sich in vielen Formen. Immer wenn wir uns vor etwas fürchten, uns Sorgen machen, etwas loswerden wollen, etwas haben wollen, das wir nicht haben können, etwas nicht wahrhaben wollen, wenn wir jammern, ein tragisches Gebaren an den Tag legen, immer dann tun wir uns selbst nichts Gutes. Der inneren Spannung liegt immer eine Art von Wollen zugrunde. Wollen bedeutet einen Zustand, der nicht ist. Wir wollen also etwas anderes, als das im Moment tatsächlich ist. Unser Wollen versetzt uns in Spannung. Wir schädigen uns mit diesem Wollen, dem Widerstand, der Spannung. Nicht nur unsere Psyche leidet, sondern auch unser Körper.
Wenden wir unsere Aufmerksamkeit in einer Situation heftigen Widerstands doch einmal unserem Körper zu. Bemerken wir die flache, eingeschränkte Atmung? Den schnellen Herzschlag? Die zusammengepressten Kiefer? Die angespannten Schultern, den hochgezogenen Nacken, das Grummeln im Bauch? Wie wir wissen, tut uns nichts davon gut. Es macht nicht nur schlechte Laune, sondern es ruiniert unsere Gesundheit. Wenn wir ständig im Widerstand leben, dürfen wir uns nicht wundern, früher oder später krank zu werden. Denn der Körper verschleißt sich in seiner stetigen Anspannung; seine Energie kann nicht mehr frei fließen, in seinem einsamen Kampf gegen den Dauerstress (Widerstand ist Stress) verbraucht er seine Ressourcen.
Können wir verhindern, ständig im Widerstand, im Stress zu leben und krank zu werden? Natürlich. Indem wir uns des Widerstands bewusstwerden und uns entschließen, diesen mehr und mehr aufzugeben. Indem wir weicher werden, die Dinge mehr akzeptieren (auch den momentanen Widerstand und die Spannung nur beobachten, sie für den Moment akzeptieren, nicht weghaben wollen) und uns und die Welt um uns herum liebevoller betrachten. Auch können wir direkt mit unserem Körper kommunizieren. Die Zellen und alle Körperstrukturen reagieren darauf, auch wenn man das vielleicht nicht glauben mag. Wir können mit unserem Körper sprechen. Wenn wir angespannt sind, sorgenvoll und ängstlich, können wir ihm sagen, dass alles gut ist, dass es keine echte Bedrohung gibt, und wir können ihm versprechen, ab sofort besser auf ihn aufzupassen, ihn besser zu pflegen, ihn nicht alleine zu lassen in seinem Kampf, gesund zu bleiben. Auch freut sich unser Körper über Berührungen. Berührungen geben Trost, Sicherheit, Liebe und das Gefühl, mit anderen verbunden zu sein. Nicht nur Kinder finden Ruhe, wenn man sie in den Arm nimmt. Berührungen bieten emotionalen Halt, auch die geistige und körperliche Gesundheit profitiert von Hautkontakt. Wenn wir jemanden umarmen, leiten Tastsensoren im ganzen Körper unzählige Signale an das Gehirn weiter. Schon ein Rückenkraulen wirkt wie ein Orkan im Gehirn. Bei sanfter Berührung produziert der Körper ein sogenanntes Wohlfühlhormon, das Oxytocin. Dieses Hormon reguliert den Stoffwechsel, der Stresspegel sinkt und Ängste schwinden.
Wir leben in einer weitgehend berührungsarmen Zeit. Die Digitalisierung ersetzt den direkten menschlichen Kontakt immer mehr. Unser natürlicher Hunger nach Körperkontakt will aber gestillt werden. Berührt zu werden ist eine starke Sehnsucht, die unter die Haut geht.
Wenn ich niemanden habe, der mich berührt, dann berühre ich mich selbst. Bin ich verspannt, kann ich mir über die Schulter streichen, den Schmerz ausstreichen, oder ich lege mich einfach hin, atme tief und langsam in den Bauch.
Still zu liegen bietet auch eine gute Möglichkeit, mit seinem Körper zu sprechen. Wenn wir mit unserem Körper sprechen, ihn als Freund und nicht als Last sehen, wenn wir ihn in seiner großartigen Arbeit unterstützen, wenn wir weniger mentalen Widerstand leisten, wird unser Körper auch wieder lernen, loszulassen und Spannung zu reduzieren. Gesundheit und Wohlergehen werden dadurch wieder möglich.
Weiterführende Literatur
Dr. Thomas Hartl: Raus aus der Angst – rein ins Leben! Verlag ViaNova, Petersberg 2016
Autor
Dr. jur. Thomas Hartl
ist Schriftsteller, Autorencoach und Journalist mit den Schwerpunkten Gesundheit, Medizin und Psychologie. Er hat an die zwanzig Bücher (Sachbücher und Literatur) veröffentlicht und hilft anderen dabei, sich ihren Traum vom Buch zu erfüllen. Weitere Informationen unter https://thomas-hartl.at