Detox im Kopf
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Bewusstsein

Detox im Kopf

Marianne Porsche-Rohrer, Apothekerin und Heilpraktikerin

„Entgiften“ und „Entschlacken“ gilt vielen Menschen als Zauberformel für Gesundheit und ein langes Leben. Haben diese Schlagworte jenen Stellenwert verdient? Die Antwort ist ein klares: Jein.

Zweifellos ist ein verlässlich arbeitender Stoffwechsel elementar für alle Körperfunktionen. Gesunde Ernährung, Bewegung und vor allem das Bewusstsein für das rechte Maß an Genussmitteln haben dafür eine Schlüsselrolle. Gelegentliches Fasten und Entgiften, um dann wieder in den „vollen Genussmodus“ überzugehen, ist hierbei kein sinnvolles Vorgehen. Im Gegenteil, Fastenkuren ohne nachfolgende Ernährungs- und Verhaltensänderungen führen zum befürchteten Jojo-Effekt und damit langfristig zu erheblicher Gewichtszunahme.

Bleiben wir beim Genuss. Was wäre unser Leben, wenn wir nicht unsere kleinen Freuden und Genüsse ausleben dürften, die uns glücklich machen. Sie sind wertvoll und lebenserhaltend, denn Gesundheit und Wohlbefinden sind nicht nur abhängig von dem, was wir essen, sondern auch von dem, was wir denken und fühlen, wie liebevoll wir mit unserem eigenen Körper umgehen, und mit welchen Menschen wir Umgang pflegen. Man könnte sogar sagen, dass wir manchmal ein wenig egoistischer sein sollten, um dem persönlichen Wohlergehen den gebührenden Stellenwert zu geben.

Der Begriff Egoismus ist negativ behaftet. Gesunder Egoismus klingt schon besser. Selbstfürsorge trifft es vermutlich am besten: Wohlwollende Pflege des eigenen Körpers und insbesondere des Seelenlebens ist frei von negativen Emotionen. Genau hier können wir ansetzen und einen Versuch wagen, Gedanken auszuleiten, die uns das Leben schwer machen. Hin und wieder ist hilfreich zu hinterfragen, welche Menschen uns guttun, und welche Begegnungen uns immer wieder Unbehagen verursachen, uns belasten und der Seele Stress bereiten. Welche Kontakte halten wir aufrecht, weil es beruflich oder aus sonstigen Gründen zweckmäßig ist? Was tun wir, weil wir es eben schon immer so gemacht haben. Schon immer? Ist das ein echter Grund zum Weitermachen? Muss man das, was man 20 Jahre gemacht hat, für den Rest des Lebens beibehalten, sich dabei immer und immer wieder über dieselben Menschen ärgern, oder sich vielleicht sogar erniedrigen lassen?

Wäre es nicht einen Versuch wert, im Kopf mal so richtig aufzuräumen, zu entgiften, zu reinigen und zu entsorgen? Vor allem diejenigen von uns, die aus Stress oder Frust essen, könnten davon sehr profitieren.

Sebastian Kneipp (1821–1897) formuliert mit Nachdruck, wenn er schreibt: „Erst als ich daran ging, Ruhe in die Seelen meiner Patienten zu bringen, war ich wirklich erfolgreich.“ Wüsste man nicht, dass diese Worte von Sebastian Kneipp stammen, könnte man meinen, dass ein Ganzheitsmediziner unserer Tage diese Worte gesprochen hätte. Der Begriff Lebensordnung wird in diesem Zusammenhang auch gern genannt. Wie bringen wir am effektivsten Ordnung in unser Leben?

Ein übervoller Terminkalender steht für viele Menschen als Beweis für Fleiß und Erfolg und ohne Handy geht gar nichts. Am Feierabend trifft man Freunde und frönt einer Trendsportart. Alternativ sucht man vermeintliche Entspannung vor dem Fernseher und lässt das eindringlich präsentierte Unglück der ganzen Welt auf sich einwirken, um dann vor lauter Durcheinander im Kopf über Schlafstörungen zu klagen.

Auch der Umgang mit Genussmitteln führt bei weitem nicht in jedem Fall zu wahrem Genuss. Wie oft erzählen Menschen, dass sie immer wieder eine ganze Tafel Schokolade aufessen und sich dann unmittelbar darüber ärgern, dass sie sich nicht beherrschen konnten. Muss die Weinflasche wirklich leergetrunken wenden? Würde nicht ein Gläschen mehr Genuss verschaffen und zudem ein gutes Gefühl geben?

Sage ich zu oft „ja“, obwohl ich tief im Herzen eigentlich „nein“ sagen möchte? Habe ich Sorge, dass ich Freunde verlieren könnte, wenn ich etwas verneine oder ablehne. Echte Freunde sehen in einem „Nein“ keinen persönlichen Affront, sondern können dieses gut akzeptieren.

Ganz ohne Handy im Wald beim Joggen oder Spazierengehen, im Garten, im Konzertsaal oder in der Sauna lassen sich Gedanken sortieren und das Innenleben zur Ruhe bringen. Gemäß Kneippschem Denken lässt sich auf einmal Wichtiges von Unwichtigem trennen, und im Kopf kehrt Ordnung ein. Eine pure Wohltat.

Autorin
Marianne Porsche-Rohrer,
Jahrgang 1949, Apothekerin und Heilpraktikerin sowie Dozentin. Seit 1996 eigene Praxis in Oberbayern mit den Schwerpunkten Reflexzonentherapie nach H. Marquardt, Dorn- und Breusstherapie, Schädelakupunktur nach Yamamoto sowie Schüßler-Salze.