Liebe Leserin, lieber Leser,
öffnete ich zu Beginn der Studentenzeit die Motorhaube eines Autos, lag ein Buch mit sieben Siegeln vor mir. Kaum ein Aggregat konnte ich richtig zuordnen, wußte allenfalls, wo der Motor war. Recht bald ärgerte mich diese völlige Hilflosigkeit und ich beschloß, mich sachkundig zu machen. Ich besorgte mir aus einer „Do it yourself“-Reihe ein Buch mit dem Titel „Jetzt helfe ich mir selbst“. Tatsächlich begann ich, nach Anleitung die eine oder andere Wartung durchzuführen, vom Schmieren der Türschlösser über die Kontrolle des Getriebeölstandes bis hin zum Prüfen der Zündkerzen.
Aber nicht nur das: Nach kurzer Zeit führte ich verschiedene Reparaturen selbst durch: Erneuerung des Auspuffs, Ersatz der Kontaktkohlen der Lichtmaschine, Austausch der Zündkerzen, ja sogar Scheibenbremsen belegte ich neu. Zwar ging vieles nicht so einfach wie im Buch beschrieben. Wo davon die Rede war, man solle festgerostete Teile mit leicht dosierten Stößen des Hammerstiels lockern, waren vielfach brachiale Gewalt und mancher Flucher erforderlich, um zum Ziel zu kommen.
Auch wurde manche hoffnungslos festgerostete Schraube abgedreht, was dann doch den Komplettaustausch eines Teiles oder die Hilfe einer Werkstatt erforderte. Trotzdem war man fortan froh, ein Stück weit mitreden zu können, und mitunter sogar stolz ob des reibungslos funktionierenden Wagens.
Die Lehre, die ich aus der Geschichte zog: Auch als Laie sollte man sich mit einer Sache, der man täglich begegnet, beschäftigen, um wenigstens Grundlagenwissen zu erwerben und nicht völlig hilflos den Behauptungen und zum Teil sehr widersprüchlichen Meinungen sogenannter Experten ausgeliefert zu sein.
Warum schildere ich dies? Weil es für den Bereich der Medizin und Gesundheit ähnlich ist. Nach wie vor finden sich vor allem in zahlreichen Hausarztpraxen eine beträchtliche Anzahl überwiegend älterer Patienten, die nicht einmal über primitivste Grundkenntnisse zum Thema „Gesundheit“ verfügen. Sie schlucken über Jahrzehnte hinweg Medikamente, die „der Hausarzt immer verschrieben“ hat. Manche wissen nicht einmal, wofür diese Medikamente eigentlich sind, geschweige denn kennen sie die Namen der Präparate. Allenfalls ist die Farbe der Tablette bekannt. Was einem fremden Arzt so gut wie gar nicht hilft, wenn der Patient mitteilt, er nehme täglich „eine rosa“ und „zwei kleine blaue“ Tabletten ein.
Der moderne Mensch sollte sich deshalb mit Fragen der eigenen Gesundheit und Lebensführung beschäftigen. Zu diesem Zweck braucht er Anlaufpartner. Hier können beispielsweise Naturheilvereine wichtige Hilfe bieten. Durch so erworbene Kenntnisse kann der Patient in manchen Fällen den „Fachmann“ auf den richtigen Weg zur Diagnose bringen, den Prozeß der Heilung aktiv unterstützen und viel besser kontrollieren. Gefördert werden muß dies durch ein Gesundheitswesen – wir haben es bis zum Exzeß an dieser Stelle schon formuliert –, das gesundheitsbewußte Lebensführung unterstützt, zum Beispiel durch günstigere Versicherungsbeiträge und individuellere Gestaltung des Versicherungsvertrages. Doch zu meinen, daß die gegenwärtige Generation von Gesundheitspolitikern dieses initiieren könnte, wäre reiner Wunderglaube. Gesundheitspolitiker, die dies fertigbringen, müssen aus einem anderen Holz geschnitzt sein!
Mit besten Wünschen