Liebe Leserin, lieber Leser,
in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen mit Reformbedarf kennen Politiker aller Parteien offenbar nur eine Devise: „Mehr Geld ist nötig!“ Da zum Sparen unfähig, besteht die Alternative in „Einnahmeverbesserungen“ – eine verlogene Umschreibung für Abzocke des Bürgers durch Steuern und Abgaben. Betrachten wir beispielhaft nur zwei Sektoren: Bildungs- und Gesundheitspolitik. Seit der Pisa-Studie wissen wir, Deutschland rangiert auch auf diesem Gebiet nur noch in der unteren Tabellenhälfte. Wem die Zukunft der Kinder und damit des ganzen Landes am Herzen liege, müsse daher mehr in Bildung investieren.
Ein Vergleich innerhalb Deutschlands und weltweit zeigt aber: ein gutes Bildungswesen muß nicht teuer sein. Guten Unterricht kann man auch in einer Feldscheune betreiben. Statt beispielsweise die erbarmungswürdige Didaktik vieler deutscher Lehrbücher zu optimieren und Lehrpläne auf praktische Lebenstauglichkeit zu trimmen, zeigen erste Reaktionen auf Pisa typische Reflexe: mehr Naturwissenschaften, mehr „Druck“, mehr „runde Tische“ sogenannter Experten, diverse Modellversuche. Das Ergebnis steht schon jetzt fest: wenig bessere Resultate zu deutlich höheren Kosten.
Ähnlich sieht es bei einem Vergleich der Gesundheitssysteme im internationalen Maßstab aus. Auch hier sind Kreativität und Inhalte gefragt, statt hirnlosem Gebrüll nach „mehr Geld“. Die Unfähigkeit und Beratungsresistenz der Gesundheitspolitiker haben wir oft genug an dieser Stelle angeprangert. Wer nun glaubte, nach der Wahl werden Reformen beherzt angegangen, täuscht sich ein weiteres Mal: Auch Einkünfte aus Sparbüchern und Mieteinkünfte sollen künftig bei der Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge eine Rolle spielen, und der Wechsel in die Privatkrankenkasse wird erschwert. Weiterhin dominieren Ideologen, die die Mär von der solidarischen Krankenversicherung, die nicht zugunsten einer Zweiklassenmedizin aufs Spiel gesetzt werden dürfe, wie eine Monstranz vor sich hertragen. Als ob wir nicht schon längst eine Mehrklassenmedizin hätten – verursacht durch stures Festhalten an den ineffizienten und kostenintensiven Strukturen der Krankenkassen und der ärztlichen Selbstverwaltung.
Deswegen bin ich dieses Mal sogar gegen eine Erhöhung der Tabaksteuer, weil sie von den eigentlichen Ursachen und Problemen des Gesundheitswesens ablenkt. Für alle, die wirklich meinen, nur mit mehr Geld könne man eine Reform durchführen, gäbe es doch eine ganz naheliegende Steuer: sie könnte Unfähigkeitsausgleichsabgabe (im Volksmund: Dummköpfe-Steuer, in Süddeutschland auch: Deppen-Steuer) heißen. Sie würde von allen erhoben, die durch anhaltendes Versagen nicht nur Unsummen verschwenden, sondern auch der Bevölkerung in unterschiedlichster Weise geschadet haben. Auf diese Weise könnte wenigstens ein Teil des Schadens – nach dem Verursacherprinzip – wieder eingetrieben werden.
Hauptveranlagte wären zweifellos zahlreiche Politiker aller Parteien, Standesfunktionäre und Apparatschiks unterschiedlicher Organisationen, die durch Erlassen immer neuer Vorschriften und Bevormundungen die Bürger drangsalieren. Sie alle hätten die Höchstabgabe zu zahlen. Sämtliche Gesundheitsminister der letzten 25 Jahre müßten sogar zur doppelten Höchstabgabe zwangsveranlagt werden.