Liebe Leserin, lieber Leser,
seit jeher bereitet die Objektivierung von Schmerzen Probleme. Schmerz ist stets subjektiv und seine Empfindungsintensität hängt von der individuellen Reizschwelle ab. Das Heimtückische dabei kann sein, daß die Ursache eines Schmerzes schon längst beseitigt wurde, zum Beispiel durch einen operativen Eingriff. Die Schmerzempfindung bleibt aber weiterhin erhalten, weil sie gleichsam wie auf einer Computerfestplatte im Gehirn eingraviert wurde.
Schmerzen der unterschiedlichsten Art sind auch ein Hauptgrund, weswegen Menschen alternative Behandlungsverfahren einsetzen. Die Lösung besteht nicht so sehr in der Suche nach einem alternativen Schmerzmittel, sondern in der tieferliegenden Frage, welche Fak-
toren im weitergehenden Sinne die Schmerzen auslösen. Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) sieht den Schmerz als Ausdruck eines gestörten Energieflusses. Diesen Energiestau kann man durch entsprechende Anwendungen, zum Beispiel die Akupunktmassage nach Penzel, beseitigen. Auch die Akupunktur selbst und die Neuraltherapie können eine regulatorische Wirkung entfalten.
Eine andere Therapierichtung formuliert es so: Schmerz sei ein Zeichen der Übersäuerung. So gesehen helfen alle Maßnahmen, die stoffwechselentlastend wirken, von der Ernährungsumstellung auf eine Basenkost als Allgemeinmaßnahme bis hin zur gezielten lokalen Entsäuerung, etwa durch Aderlässe oder blutiges Schröpfen. Und in der Tat: Vielen Menschen, die den Weg von einer bloßen schmerzmittelorientierten Symptomtherapie hin zu einer breitbasig einsetzenden ganzheitlichen Therapie finden, kann nachdrücklich geholfen werden. Und sie fragen sich zu recht, wieso sie in der Klinik kein Arzt darauf aufmerksam gemacht hat, da dies doch eigentlich die Experten sein müßten.
Auf der anderen Seite erstaunen immer wieder einige Schmerzpatienten, die zwar nach außen vorgeben, nichts händeringender zu suchen als nachhaltige Hilfe. Im entscheidenden Moment, wenn man ihnen die Möglichkeiten einer breitbasig ansetzenden ganzheitlichen Medizin aufzeigt, schrecken sie dann vor entsprechenden Behandlungen zurück und nehmen lieber Schmerzmittel.
Wenn sie sich doch zu einer Behandlung entscheiden, und erste Schritte in diese Richtung mit Ernährungsumstellung und weiteren klassischen Naturheilverfahren eingeleitet werden, kann es sogar einmal passieren, daß die Beschwerden nach einer ersten Behandlung noch zunehmen. Der Patient wertet das womöglich als Zeichen, die Behandlung, die er eigentlich nie so richtig wollte, sei von vornherein falsch gewesen und deswegen wolle er sie nun abbrechen.
In Wirklichkeit scheint ein anderer Grund dahinter zu stecken, den die psychosomatische Medizin in ihren Lehrbüchern ausgiebig beschreibt: Der Hang zu „sekundärem Krankheitsgewinn“. Keine Schmerzen mehr zu haben, bedeutete ja, sich von niemandem mehr bedauern lassen zu können. Als Therapeut lernen wir daraus: Auch wo wir meinen, Betroffene müßten alle Hebel in Bewegung setzen, um geholfen zu kriegen, muß dies in der Realität nicht immer so sein. Die menschliche „Denke“ geht oft ganz andere Wege, als es die Medizin mit ihrem rationalen Denkansatz für möglich hält.