Liebe Leserin, lieber Leser,
eine Auflistung weltweiter Risikofaktoren zeigt den Blutdruck als wichtigsten von allen. Und in der Tat kann man nur sagen: Ernst nehmen ist angesagt! Wie gut kennen Sie Ihre Werte? Hoher Blutdruck ist keine harmlose Symptomatik, deren Grenzwerte nur nach den Profitinteressen der Pharmaindustrie festgelegt werden, wie manche es behaupten. Es ist vielmehr so – die ärztliche Erfahrung belegt es –, dass vor allem für Schlaganfälle ein nicht behandelter Blutdruck ein gehöriges Risiko darstellt. 250.000 Schlaganfälle verzeichnet Deutschland pro Jahr. Laut Experten ließe sich diese Zahl durch Blutdruckeinstellung um 30 oder 40 Prozent reduzieren. Eine andere Expertenformel lautet: „Jede Senkung des systolischen Blutdrucks (des oberen Wertes) um 10 mmHg senkt das Schlaganfallrisiko um 10 Prozent.“
Nun wissen wir, dass es immer wieder die gleichen Faktoren sind, die einen Bluthochdruck auslösen oder fördern. An erster Stelle sind Übergewicht mit Fehlernährung zu nennen, insbesondere ein zu hoher Kochsalzkonsum bei gleichzeitig zu hoher Kalorienzufuhr und übermäßigem Konsum von tierischen Nahrungsmitteln. Hinzu kommt Bewegungsmangel. Wer sich kaum bewegt, trainiert nicht nur sein Herz-Kreislauf-System zu wenig, sondern tut auch nicht genug, um sein vegetatives Nervensystem zu entspannen.
Doch wie erklären wir uns, dass in den letzten Jahren zunehmend auch jüngere Menschen unter Bluthochdruck leiden, die an und für sich alles richtig machen? Die sich aus Überzeugung gesund ernähren, sei es mit mediterraner Kost oder sogar vegetarisch? Die schlank sind und ausreichend Sport betreiben? Mir fällt nur eine wirklich plausible Begründung hierfür ein: mehr oder weniger permanenter Stress. In der früheren Medizin sprachen Ärzte gern von „Hypersympathikotonie“. Dies bedeutet, dass derjenige Teil des vegetativen Nervensystems (der Sympathikus), der Herz und Kreislauf anregt, ständig auf Hochtouren läuft und nicht genug von seinem Gegenspieler, dem Vagus (oder Parasympathikus) abgelöst und ausgeglichen wird. Diese Dauerhypersympathikotonie führt zu einer vermehrten und permanenten Freisetzung von Stresshormonen. Aus der Stressforschung wissen wir, dass es zwar wichtig ist, wie man sich Stress gegenüber verhält. Man weiß aber auch: Permanenter Stress, selbst wenn er positiv empfunden wird, stellt einen Risikofaktor für erhöhten Blutdruck dar.
Deswegen komme ich zunehmend zu der Überzeugung: Die Entlastung des vegetativen Nervensystems und Entspannung ist eine ganz wichtige Säule der Therapie bei Bluthochdruck.
Und eine, auch für mich recht neue Erkenntnis: Ein früher laut Fachliteratur extrem seltenes Krankheitsbild – das „Conn-Syndrom“ – soll viel häufiger bei Bluthochdruck eine Rolle spielen, als man bislang dachte. Näheres darüber auf den Seiten 21–23.
Anderes hingegen weiß man schon länger – etwa dass die „Pille“ keineswegs eine absolut harmlose Verhütungsform darstellt –, aber es wird immer wieder gern verdrängt. Siehe dazu das Interview in dieser Ausgabe (S. 11–13).
Mit den besten Grüßen