Liebe Leserin, lieber Leser,
Seit geraumer Zeit prognostizieren Fachleute, daß Gesundheit und alles was damit zusammenhängt zum entscheidenden Wirtschaftsmotor in den nächsten Jahrzehnten wird – sozusagen als Nachfolger der Kommunikationstechnologie.
Für das Jahr 2034 prognostiziert der Trendforscher Peter Wippermann folgende Entwicklung: Der zur Zeit boomende Wellnessmarkt werde mehr und mehr von der Erkenntnis abgelöst, daß Körper, Geist und Seele eine Einheit sind. Diesen ganzheitlichen Aspekt nennt Wippermann „Oneness-Markt“.
In diesem Rahmen wird demnach eine neue „Zuwendungsindustrie“ entstehen, bei der sich verschiedene Industriezweige, Wissenschaften und Philosophien miteinander verknüpfen. Beispielsweise werde der Ernährungsmedizin ein besonderer Stellenwert zukommen. Dies würde weiterhin dazu führen, daß wir in jedem Lebensjahr zusätzlich drei Monate „gutgeschrieben“ bekommen. Somit wären die 60jährigen im Jahr 2034 in punkto Lebenserwartung und körperlicher Fitneß mit den heute 50jährigen vergleichbar.
In dreißig Jahren habe sich der Staat weitgehend aus der Krankheitsbekämpfung zurückgezogen. Laut Wippermanns Prognose werde die Spaltung der Gesellschaft in gesundheitsbewußte Menschen und Genußmenschen mit einer „Lebe-jetzt-Mentalität“ immer weitergehen, wobei er vermutet, daß letztere „an ihrer eigenen Überernährung zugrunde gehen“ werden.
Und schließlich: Was im Industriesektor schon seit geraumer Zeit gang und gäbe ist, soll zunehmend auch auf dem Gesundheitssektor geschehen – Dienstleistungen würden bei sinkenden Einkommen in Billigländer ausgelagert. Es könnte dann zur Normalität werden, „seine Verwandten im Altersheim in Indien zu besuchen“.
Nun gut, über solche Entwicklungen kann man sicher geteilter Meinung sein, und wir wissen ja auch, daß solche Prognosen meistens doch nicht in der vorhergesagten Form eintreten. Sollte es aber so kommen, wie der Trendforscher vermutet, wäre darin durchaus ein positiver Aspekt zu entdecken: Die Menschen lernen endlich, daß Gesundheit und Gesunderhaltung im wesentlichen auch ein Stück Eigenleistung umfassen. Genau das, was wir in dieser Zeitung ja seit über 100 Jahren predigen.
Wenn es dann auch noch Gesundheitspolitiker, Krankenkassenfunktionäre und sonstige Systemtheoretiker verstehen, könnte sich auf diese Weise wirklich eine positive Entwicklung in unserem Gesundheitswesen einstellen.
Ich bin überzeugt, daß sich ein solcher Sinneswandel nicht nur auf die körperliche Fitneß der Bürger positiv auswirken würde. Möglicherweise entfalten sich sogar neue geistig-seelische Kräfte, und Kreativität entsteht an den Stellen, an denen heute noch eine gewisse Gleichgültigkeit und Depression vorherrschen. Dadurch wäre der Beweis erbracht, daß ein gutes Gesundheitswesen nicht zwangsläufig immer teurer werden muß, sondern daß bei geschicktem Einsatz der Ressourcen für weniger mehr zu haben wäre.
Mit besten Grüßen