Dr. med. Rainer Matejka
Das Hautleiden mit Ernährung bessern
Die Naturheilkunde betrachtet Neurodermitis nicht als Hauterkrankung, sondern als Hinweis auf einen überlasteten Stoffwechsel und ein gestreßtes Immunsystem. In der Ernährung als Quelle für Allergene liegt daher ein naheliegender Therapieansatz. Dabei muß der Neurodermitiker längst nicht auf alle tierischen Nahrungsmittel verzichten und nur bestimmte Obstsorten meiden. Lesen Sie, wie eine einfach zusammengestellte Kost hilft, die Entzündungsreaktionen zu mindern.
Erkrankungen des "atopischen Formenkreises" nahmen in den vergangenen 25 Jahren stetig zu. Diese Erkrankungen können im weiteren Sinn dem allergischen Formenkreis zugeordnet werden. Die bloße Testung, auf welche Substanzen oder Stoffe der einzelne reagiert, mag dann zum Ergebnis führen, wenn nur wenige Einzelstoffe als Symptomauslöser in Frage kommen.
Bei den meisten Patienten liegt jedoch die Problematik tiefer. Werden die üblichen Allergietests durchgeführt, ergibt sich oft ein Sammelsurium stark und schwach positiver Reaktionen, von den fast schon standardmäßig auftauchenden Hausstaubmilbenallergien über Frühblüher, Roggen, Gräser, Katzenhaare, bis hin zu "Scheuermittelessenzen". Alles zu vermeiden ist unrealistisch. Die Situation wird noch verwirrender, wenn Testwiederholungen abweichende Ergebnisse zeitigen. Hinzu kommen zahlreiche "Pseudoallergien".
Überlasteter Stoffwechsel, überfordertes Immunsystem
Die Naturheilkunde setzt daher tiefer an. Sie fragt nicht primär nach dem einzelnen Auslöser, sondern möchte wissen, warum der betroffene Mensch allergisch beziehungsweise "atopisch" reagiert. Obwohl die klinische Medizin behauptet, die genauen Ursachen der Neurodermitis seien noch nicht erforscht, hat die Naturheilkunde eine treffende und plausible Erklärung parat: Die Neurodermitis ist keine Hauterkrankung, sondern Hinweis auf einen überlasteten Stoffwechsel und ein überfordertes Immunsystem. Der Einsatz von verschiedenen Salben und Lotionen kann bei schwerwiegendem akutem Ekzem notwendig werden. Oft helfen auch Klimakuren, zum Beispiel am Toten Meer.
Langfristig muß der maßgebliche Therapieansatz jedoch zuallererst die Frage klären, mit welchen Verfahren der Stoffwechsel entlastet und das Immunsystem unterstützt werden können. Im Naturarzt wurde bereits mehrfach über die breitgefächerte Vorgehensweise der Naturheilkunde mit ihren ausleitenden Verfahren berichtet. Dieser Artikel konzentriert sich auf die Ernährung.
"Nichts essen, wofür Werbung gemacht wird!"
Der Ansatz über die Ernährung erscheint deswegen besonders nachhaltig, weil durch nichts anderes derart viele Allergene und damit Belastungsfaktoren für Stoffwechsel und Immunsystem zugeführt werden können. Neben "schon immer" unter allergischen Aspekten als problematisch eingestuften Lebensmitteln wie beispielsweise Kuhmilch und Sojaprodukten, Ei, Wurst und Fleischwaren, Weizen und Nüssen, kommen in den letzten Jahrzehnten besonders Farbstoffe und Konservierungsstoffe hinzu. Der hohe Gehalt an derartigen Zusatzstoffen in "westlicher Supermarktkost" wird auch als Grund für die starke Zunahme allergischer Erkrankungen auf dem Gebiet der früheren DDR seit der Wende angesehen.
Welche Empfehlungen lassen sich daraus für den Neurodermitiker ableiten? Konsequenter Verzicht auf farb- und konservierungsstoffhaltige Nahrungsmittel. Beachten Sie den Spruch des bekannten Ernährungsarztes Max-Otto Bruker: "Nichts essen, wofür Werbung gemacht wird"! Weichen Sie stattdessen auf Lebensmittel aus ökologischem Landbau aus. Die Aussage von Bruker ist auch deshalb treffend, weil die Deklarierungspflicht von Fertignahrungsmitteln lückenhaft ist. Deshalb führen zahlreiche Betroffene ungewollt oft doch Allergene zu, und die Ernährungsumstellung verläuft womöglich enttäuschend.
Auf Kuhmilcheiweiß testweise verzichten
Mit tierischem Eiweiß und überhaupt tierischen Nahrungsmitteln ist Zurückhaltung geboten. Dies gilt besonders für Kuhmilch- und Kuhmilchprodukte. Zwar bewirkt der Verzicht auf diese Lebensmittel nicht bei jedem Betroffenen eine Besserung. Dennoch empfiehlt sich eine testweise Kuhmilcheiweißkarenz über wenigstens vier Wochen. Ergeben sich darunter keine spürbaren Besserungen kann durch einen "Belastungstest" (erneuter Konsum von Kuhmilchprodukten) herausgefunden werden, ob sich nicht doch eine weitere Verschlechterung einstellt.
Die Behauptung zahlreicher Ernährungswissenschaftler, ein Verzicht auf Kuhmilchprodukte gefährde die Kalziumzufuhr ist nicht plausibel. Es gibt genügend gute alternative Kalziumquellen, beispielsweise Mandeln, Sesam und grüne Gemüse (besonders die "dunklen"). Außerdem: Die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen Kalziummengen sind keineswegs das Ergebnis fundierter wissenschaftlicher Untersuchungen, sondern allenfalls Richtwerte.
Ein Ausweichen auf Sojamilch ist beim Allergiker nicht empfehlenswert, da Soja ebenfalls ein erhebliches Allergenpotential aufweist. Wer meint, unbedingt "Milch" trinken zu müssen, kann auf Mandel- oder Reismilch ausweichen.
Auf Schweineprodukte sollte in jeglicher Form verzichtet werden. Sie enthalten zum einen Histamine, also jenen Stoff, der allergische Reaktionen vermittelt, zudem reichlich Arachidonsäure, die Entzündungsreaktionen fördert und deswegen sowohl beim Neurodermitiker als auch beim Rheumatiker konsequent vermieden werden sollte. Ähnliches gilt auch für Wurstwaren.
Ein völliger Verzicht auf tierisches Eiweiß ist allerdings in der Regel nicht dauerhaft notwendig und bei Kindern auch nicht empfehlenswert. Schonend zubereitete Fleischsorten wie Lamm oder Geflügel in begrenztem Umfang – möglichst aus artgerechter Tierhaltung. Fischöl liefert die auch für den Neurodermitiker wertvollen Omega-3-Säuren. Bei allen im Grunde begrüßenswerten Kampagnen für Obst und Gemüsemahlzeiten zeigt die Erfahrung, daß gerade Obstsäuren, vor allem auch aus sauren Äpfeln, Zitrusfrüchten und Trauben, Neurodermitissymptome verstärken können. Deswegen: Meiden Sie diese Obstsorten! Dies gilt auch für "saure" Teesorten wie Früchtetees oder Hagebuttentee. Die Angst, bei einem Verzicht zu wenig Vitamine zu erhalten, ist unbegründet. Gemüse können in jeder Beziehung einen vollwertigen Ausgleich darstellen. Selbstverständllich "säuert" auch Zucker. Deswegen gilt: Süßigkeiten so weit wie möglich einschränken, gegebenenfalls Zwischenmahlzeiten einlegen.
Glutamin mindert die Entzündungsreaktion
Gleichzeitig sollten diejenigen Nahrungsmittel verstärkt zugeführt werden, die die Darmschleimhäute stabilisieren und entzündungshemmend wirken. Dies sind vor allem Omega-3-Fettsäuren (in bestimmten Ölen wie Leinöl, Sojaöl und Seefischen), ferner lösliche Faserstoffe (Pektin zum Beispiel in Gemüse und teilweise in Hülsenfrüchten) und glutaminsäurereiche Rohstoffe.
Glutaminsäuren werden im Rahmen von Entzündungsreaktionen von den Immunzellen vermehrt verbraucht. Der Körper kann nicht genügend nachproduzieren. Deswegen kann die zusätzliche Glutamingabe sinnvoll sein. Dies mindert Entzündungsreaktionen und "dichtet" die Darmschleimhaut, so daß weniger Allergene in den Körper gelangen. Verwendet werden sollten "Dipeptide", also die Bindung des Glutamins an eine andere Aminosäure. Freies Glutamin ist instabil und schlecht löslich. Generell ist die Glutaminzufuhr durch eine pflanzlich betonte Kost wesentlich günstiger als bei einer mehr "tierisch" ausgerichteten Ernährung.
Darüber hinaus hilft vermutlich Gamma-Linolensäure, weil diese beim Neurodermitiker meist vermindert ist. Deshalb bildet der Körper mehr Entzündungsstoffe. Die zusätzliche Zufuhr von Gamma-Linolensäure in Form von Nachtkerzensamenöl (z. B. Epogam® oder Neobonsen®) entlastet daher den Stoffwechsels des Neurodermitikers. Entzündungsfördernd wirkt dagegen die Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure. Sie ist in tierischen Fetten enthalten. Allein dies legt bei allergischen Erkrankungen nahe, sich bei Tierprodukten zurückzuhalten. Heute wird auch bei entzündlichem Rheumatismus eine weitgehende Einschränkung der Arachidonsäurezufuhr empfohlen. Man könnte also zugespitzt sagen: Moderne Rheumadiät ist auch Neurodermitisdiät!
"Ernähren Sie sich möglichst vielseitig" – auch diese Empfehlung aus dem Bereich der Ernährungswissenschaft kann nicht ohne weiteres akzeptiert werden. Gerade das vielfältige Durcheinander bewirkt eine hohe Allergenzufuhr. Sinnvoller ist stattdessen eine eher einfach zusammengestellte Kost aus hochwertigen Produkten und die Beachtung jahreszeitentypischer Besonderheiten: Essen Sie Produkte, die die Jahreszeit hergibt. Dies vermindert den Allergendruck, weil es eine natürliche Rotationsdiät darstellt. Diese werden ansonsten in der Allergologie häufig durchgeführt, um Allergien besser diagnostizieren und behandeln zu können.
Die Effekte einer Ernährungsumstellung bei Neurodermitis sind mittlerweile durch verschiedene Studien dokumentiert worden.
Ein Präventionsprogramm einer Krankenkasse im Raum Pforzheim in Zusammenarbeit mit Ernährungsexperten und Medizinern zeigte eine deutliche allgemeine Befindens und spezielle Besserung der Hauterscheinungen sowohl bei an Neurodermitis leidenden Kindern als auch Erwachsenen. Die Umstellung der Ernährungsweise beinhaltete vor allem eine deutliche Einschränkung von Wurstprodukten, Nüssen, Zitrusfrüchten, Süßigkeiten, Milch und Molkereiprodukten sowie Fleisch.
Tropfen für Tropfen mit eigenem Blut
Ein hervorragendes Beispiel für wirksame Erfahrungsheilkunde bei Neurodermitis und Allergien ist die Eigenblutimmunisierung nach Imhäuser! Dieses von der Kinderärztin Hedwig Imhäuser entwickelte Verfahren wird folgendermaßen durchgeführt:
12 Fläschchen mit je 99 Tropfen Spiritus dilutus (25 Prozent) werden (in der Regel von der Apotheke) vorbereitet. In das erste Fläschchen wird ein Blutstropfen des Patienten gegeben und nach homöopathischer Art und Weise (zehnmal) verschüttelt. Es entsteht die Potenz C1. Aus diesem Fläschchen wird dann ein Tropfen entnommen und in das nächste Fläschchen gegeben und ebenfalls verschüttelt: C2. Aus diesem Fläschchen wird wiederum ein Tropfen in das dritte gegeben und verschüttelt und so fort bis zum 12. Fläschchen. Man erhält auf diese Weise die Potenzen C1 bis C12.
Die Einnahme erfolgt, indem von dem Fläschchen C5 täglich (am besten gleich morgens vor dem Frühstück) 5 Tropfen über eine Woche hinweg.auf die Zunge gegeben werden. Auch wenn noch ein Rest im Fläschchen C5 übrigbleiben sollte, wird jetzt auf C7 übergewechselt und ebenso verfahren, in der dritten Woche wird C9 verwendet, dann C11. Jetzt sind vier Wochen vergangen, und man macht eine Bestandsaufnahme. Hat sich die Situation bereits spürbar gebessert, kann eine ein bis mehrwöchige Pause eingelegt werden. Hat sich noch kein Effekt eingestellt, kann direkt im Anschluß an C11 mit der Benutzung der Fläschchen C6, C8, C10, C12 – ebenfalls jeweils über eine Woche/täglich 5 Tropfen fortgefahren werden.
Erklärungsmodell für die Wirksamkeit: In dem Blutstropfen ist die gesamte (gestörte) Immunologie gespeichert. Deren homöopathische Aufbereitung und Rückführung "moduliert" gleichsam das überlastete Immunsystem.
Die Eigenblutimmunisierung nach Imhäuser ist in der Fachliteratur zum Teil geringfügig modifiziert beschrieben. Dies gilt besonders für die Einnahmemodalitäten. Am grundsätzlichen Wirkprinzip ändert dies aber nichts.
Stop! Saure Äpfel, Zitrusfrüchte und Weintrauben sind tabu für den Neurodermitiker. Obstsäuren können die Symptome verstärken.