Liebe Leserin, lieber Leser,
Im Rahmen der Krebsvorsorge wird seit geraumer Zeit die vorbeugende Darmspiegelung empfohlen. Viele Anfragen erreichen mich zu diesem Thema: Man möchte wissen, was ich davon halte, zumal die Methode ja sehr unangenehm sei …
Grundsätzlich stimme ich der Aussage meines früheren Oberarztes an der Klinik zu, der schon in den 80er Jahren sagte: „Warum vor dem Röntgenbild herumspekulieren, wenn ich mit der Endoskopie Magen und Dickdarm genau betrachten und im Verdachtsfall gleich noch eine Gewebeprobe entnehmen kann?“
Das zum Röntgen gesagte, gilt auch für sämtliche Diagnosemethoden der Alternativmedizin: Etliche können Krebs-Tendenzen aufzeigen, letztendlich beweist ihn aber keine Methode sicher. Dies erfolgt, bezogen auf den Darm, nur im Rahmen einer Spiegelung.
Verständlicherweise bereitet vielen die Technik der Durchführung Angst. Einst dominierte die Anbrüllmethode: „Stellen Sie sich nicht so an!“ Der Patient versuchte, unter Umständen trotz Höllenqualen, die Zähne zusammenzubeißen. Viele sagten danach „nie wieder“, andere brachen die Untersuchung ab oder „bauten ab“, einige überstanden alles erstaunlich klaglos.
Nach und nach wurden die Methoden feinfühliger. Man sprühte beispielsweise bei der Magenspiegelung den Rachen mit einem örtlichen Betäubungsmittel ein, andere Ärzte verabreichten Schmerzmittel, um den Würgereiz zu dämpfen. Auch die Versiertheit der Untersucher nahm zu, gleichzeitig die Klagen der Patienten ab.
Nun, vor einigen Monaten hab ich’s auch durchführen lassen: Magen- und Darmspiegelung zusammen. Erstens, weil ich von der Aussagekraft der Methode überzeugt bin, zweitens zur Vorbeugung und drittens – ich bin ganz ehrlich –, weil ich neugierig war, wie „es“ ist.
Ich kam in die Krankenhausambulanz. Der Untersuchungsraum war wie ein Operationssaal mit grünen Tüchern ausgekleidet. Dazu moderne Technik, Bildschirme und die (mir bekannten) Endoskope, die wie schwarze Nattern bereit hingen. Ich sprach kurz mit dem Kollegen wie wir’s denn machen wollen, mit Lidocain-Spray? Er sagte, mit „der Spritze“ habe er viel bessere Erfahrungen gemacht. Gesagt, getan: wenige Sekunden nach der Injektion verspürte ich „Seegang“, dann kann ich mich erst wieder erinnern, als ich auf einer Liege in den Vorraum geschoben wurde. Eine Dreiviertelstunde mochte vergangen sein.
„Alles vorbei, alles ok“, sagte der Kollege und wir besprachen noch kurz, ob er problemlos um alle „Biegungen“ des Darmes herumgekommen sei. Ich fragte dann das Personal im Spaß, ob man bezeugen könne, daß die Untersuchung wirklich durchgeführt worden sei, denn ich könne mich an rein gar nichts erinnern und habe nicht einmal den Hauch eines Wundgefühls oder etwa ein Ziehen als Folge der Untersuchung – nichts!
Natürlich wurde meine rhetorische Frage bejaht. Somit kann ich Ihnen als Leser mit gutem Gewissen empfehlen: Wenn es so durchgeführt wird, können Sie sich bedenkenlos auf diese Untersuchung einlassen. Welche Spritze das war? „Dormicum“ heißt dieses Wundermittel für uns moderne Weicheier. Und fast hatte ich ein schlechtes Gewissen, angesichts zahlreicher leidender Patienten, die ich einst in der Klinik erlebte.
Mit besten Grüßen