Liebe Leserin, lieber Leser,
von Zeit zu Zeit fordern Experten einen großzügigeren Umgang mit Schmerzmitteln. In Deutschland müssen demnach viel zu viele Schmerzpatienten unnötig leiden. Würde man insbesondere Morphinpräparate großzügiger einsetzen, bräuchte dies alles nicht sein. Derartige Kampagnen, oft genug von Prominenten unterstützt, suggerieren, es sei bei ausreichender Dosierung kein Problem, Patienten schmerzfrei zu bekommen. Diese Unterstellung habe ich lange Zeit für etwas übertrieben gehalten. Nach der Teilnahme an einem Symposium zum Thema Schmerz muss ich sogar sagen, ich halte sie für Hochstapelei. Dort sagte nämlich ein Experte: Wenn es bei einem chronischen Schmerzpatienten unter Einsatz moderner Medikamente gelinge, die Schmerzintensität um 50 Prozent zu reduzieren, sei bereits viel erreicht. Dass man Schmerzen einfach wegnehmen könnte, vor allen Dingen bei schwerwiegenden chronischen Erkrankungen, sei weitgehend Illusion oder ein unseriöses Versprechen.
Bei Lichte muss man auch einmal betrachten: Welche Schmerzmittel stehen uns eigentlich zur Verfügung? Schwerpunktmäßig jene, die wir schon lange kennen:
► Aspirin bzw. ASS mit seinen Problemen im Hinblick auf Magen-Darm-Blutungen,
► Paracetamol – ebenfalls rezeptfrei erhältlich, obwohl bereits ein paar Gramm tödlich wirken können (siehe ausführlich auch „Krank durch Medikamente“, Naturarzt 5/2011),
► das alte Metamizol (vielen bekannt unter dem Präparatenamen Novalgin), das Schädigungen der Blutbildung auslösen kann,
► die Morphinabkömmlinge Tramadol und Tilidin sowie die „harten“ Morphine, die häufig müde machen und Verstopfungen auslösen,
► schließlich die Ibu-/Diclo-Gruppe, die man, obwohl weit verbreitet, streng genommen eigentlich gar nicht mehr einsetzen dürfte: Jedenfalls stellen Herzerkrankungen, Magen-Darm-Erkrankungen aller Art und Nierenfunktionsstörungen eine klare Kontraindikation dar.
► In Schmerzzentren werden, vor allem bei chronischen Schmerzpatienten, häufig auch Antidepressiva dazu gegeben, meist mit dem Problem der Gewichtszunahme verbunden, was gerade bei orthopädischen Leiden das Ganze langfristig nur noch verschlimmert.
Man fragt sich also, was „unterm Strich“ noch übrig bleibt. Und: Gibt es aus naturheilkundlicher Sicht Ansätze? Durchaus! Man sollte sie nur konsequent einsetzen:
► Ist ein Schmerz mehr lokalisiert und nicht zu sehr generalisiert, hilft häufig die Neuraltherapie nach Huneke.
► Der Physiotherapeut Willy Penzel bezeichnete Schmerz als „Schrei nach fließender
Energie“. Insofern wären Verfahren wie die Akupunktmassage sinnvoll.
► „Etwas wieder in Gang bringen“, darauf beruht auch der Erfolg manueller Verfahren (Chirotherapie, Osteopathie u.a.), die Blockaden lösen.
► Bei muskulär statischen Problemen unterstützt „Taping“: der Einsatz von sanftem Zug mittels bunter Pflaster.
► Neueste Untersuchungen zeigen, dass über den Stoffwechsel Schmerz besonders nachhaltig beeinflusst werden kann. Damit wird die Wirkung von Maßnahmen wie Entsäuerung plausibel.
Sicher, auch wir dürfen nicht zu viel versprechen. Chronische Schmerzen sind eine Herausforderung und die Behandlung bleibt oft komplex. Es gibt jedoch mehr Möglichkeiten als die übliche Ibu-/Diclo-/Morphium- und Antidepressiva-Strategie.
Mit besten Grüßen
Rainer Matejka