Liebe Leserin, lieber Leser,
Ende vergangenen Jahres trug sich Erstaunliches zu: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte vor dem übermäßigen Verzehr von Wurstwaren und rotem Fleisch – vor allem wegen des dadurch bedingten erhöhten Krebsrisikos.
Tatsächlich weiß man schon lange, dass die Entstehung verschiedener Krebsarten eine enge Beziehung zur Ernährung hat: Darmkrebs zu gut zwei Dritteln, Magenkrebs ebenfalls, aber auch Brust- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs. Besonders entzündungstreibende Fettsäuren wie die Arachidonsäure stehen im Verdacht, ungünstige Wirkungen zu entfalten. Sie sollen Entzündungen der Darmschleimhaut fördern. Und andauernde entzündliche Geschehen gelten als Vorstufe zu Krebs. Bei der Arachidonsäure handelt es sich um eine Omega-6-Fettsäure, die vorwiegend in rotem Fleisch und daraus hergestellten Produkten wie Wurst aller Art vorkommt. Zu einer besonders ungesunden Fettsäurenzusammensetzung trägt vor allem die Massentierhaltung bei. Eine artgerechte Tierhaltung hingegen, die zusätzlich auf eine Fütterung mit reichlich Grünzeug setzt, bewirkt sogar in rotem Fleisch eine deutlich höhere Anzahl an Omega-3-Fettsäuren und auch insgesamt eine viel vorteilhaftere Fettsäurenrelation. Ferner wird dem Räuchervorgang bzw. dem Zusatz von Nitritpökelsalzen eine sehr schädliche Wirkung nachgesagt. Vor allem das Magenkarzinom brachte man schon vor Jahrzehnten damit in Verbindung.
Die Warnung der Weltgesundheitsorganisation jedenfalls wurde bereits kurz nach Erscheinen von verschiedenen Medien aufs „Korn genommen“. Ein Glossist forderte Anschnall- und Helmpflicht für Wurstesser, denn Wurstverzehr sei lebensgefährlich. Nicht zu unterschätzen wären die Risiken des Passivwurstessens … Bei allem Humor – bleiben uns beim Gedanken an die Spätfolgen des Wurstwahnsinns nicht Schnitzel und Lachen im Halse stecken? Denn trotz der Tatsache, dass eine zunehmende Anzahl Menschen sich gesundheitsbewusster ernährt, zeigen Umfragen: Die meisten Deutschen nehmen es weiter gelassen und halten an ihren Ernährungsgewohnheiten mit einem hohen Anteil an rotem Fleisch und Wurstwaren fest. Die Konsequenzen – mehr Herzinfarkte, Krebs und „Rheuma“ – kann und muss die Solidargemeinschaft der Krankenversicherten tragen …
Wenn schon gesundheitliche Argumente nicht zu einem Umdenken führen, dann vielleicht und hoffentlich doch ethische. Nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums werden in Deutschland jährlich etwa eine Drittelmilliarde (!) Hühner geschlachtet. Dazu mehrere Dutzend Millionen Schweine und Rinder. Allein die schiere Größe dieser Zahl wirkt bedrückend und – nennen wir es ruhig beim Namen – dekadent. Nicht nur die Qualen der zumeist in Massentierhaltung gezogenen Tiere betrüben, sondern auch das Wissen, dass diese Form der „Tierzucht“ den Hunger in anderen Teilen der Welt maßgeblich mitverursacht. Und obendrein trägt Massentierhaltung in weit größerem Maß zur Umweltverschmutzung bei als Auto-, Flugverkehr & Co. Doch darüber schweigt man elegant hinweg und verteilt stattdessen lieber völlig nutzlose Feinstaubplaketten und Haltungsnoten für andere Länder in Sachen Umweltschutz.
Umwelt, Ökologie, Ethik und die eigene Gesundheit: Der Empfehlung der WHO zu folgen und den Fleischkonsum deutlich zu reduzieren – dafür gibt es gleich mehrere gute Gründe, meint
Ihr Dr. med. Rainer Matejka