Liebe Leserin, lieber Leser,
Blutgefäße ähneln Röhren, die im Laufe des Lebens „verkalken“ können wie Wasserleitungen oder Heizungsrohre. Wenn die Verkalkung zu weit fortschreitet, muss man defekte Rohre austauschen, dann hat man erst einmal ein paar Jahre „Ruhe“. So ähnlich stellt man sich auch – ganz mechanistisch – die Situation in der Medizin vor. Dementsprechend werden Bypässe und „Stents“ gesetzt. Allerdings bringen Untersuchungen mitunter bemerkenswerte Überraschungen zutage: Bei manchen Patienten sind die Halsschlagadern zu 90 Prozent eingeengt. Laut physikalischen Prinzipen der Strömungslehre dürfte hinter der Engstelle kaum noch Blut ankommen. Ein Schlaganfall müsste unausweichlich sein. Trotzdem gibt es etliche Menschen mit einem derartigen Befund, die überhaupt nichts spüren und topfit sind. Eine Zeitlang glaubte man, solche Menschen behandeln zu müssen, und operierte Bypässe im Bereich der Halsschlagadern mit zum Teil beträchtlichen Komplikationen. Heute weiß man: Wenn keine Beschwerden bestehen, lässt man lieber die Finger von einem operativen Eingriff, denn der Körper ist imstande, selbst Bypässe zu entwickeln, vor allem dann, wenn eine Gefäßeinengung ganz allmählich erfolgt. Lebendige Systeme lassen sich eben nicht mit Rohrleitungen aus dem Heizungsbau vergleichen, sondern sie sind einem ständigen Wandel unterworfen, den wir über den Stoffwechsel beeinflussen können.
Dabei spielt gesunde Ernährung eine Hauptrolle, etwa eine hohe Zufuhr von Omega-3-Fetten. Sie wirken antientzündlich, heben das HDL-Cholesterin an und senken die Triglyzeride. Darüber hinaus hilft regelmäßige und intensive Bewegung Bypässe auszubilden und die Durchblutung im weitesten Sinne anzuregen. Allerdings erlebt man hin und wieder auch Überraschungen: Menschen, die sehr gesundheitsbewusst leben, „gute Blutwerte“ aufweisen und sportlich sind, zeigen bei entsprechenden Untersuchungen plötzlich unerwartete „Gefäßverkalkungen“, etwa an den Herzkranzgefäßen. Nun kann man rätseln, warum dies so ist, findet aber oft keine schlüssige Antwort. Manche neigen dann zur Ansicht, „gesund leben“ bringe eben keinen Nutzen, weil „die Gene“ entscheiden. Dies wäre meines Erachtens aber eine fatalistische Einstellung. Allerdings zeigen derartige Beispiele: Auch die Beachtung aller Empfehlungen zur gesunden Lebensweise garantiert nicht immer eine hundertprozentige Gesundheit. Deswegen sollten auch wir, die wir uns einer naturgemäßen Lebensweise verpflichtet fühlen, nicht zu doktrinär und vor allem nicht zu asketisch sein, sondern manche Gegebenheit – vielleicht mit einem Schmunzeln in den Mundwinkeln – einfach hinnehmen.
Was für den Zustand der Blutgefäße gilt, wird auch bei Herzrhythmusstörungen immer mehr praktiziert. Behandlung des reinen EKG-Befundes um jeden Preis ist „out“. Die Beachtung der individuellen Beschwerden dagegen erlangt eine immer größere Bedeutung. Und das ist auch gut so, denn wir sehen daran, dass praktische Medizin nicht so sehr die unkritische Umsetzung theoretischer Wissenschaftsansätze darstellt, sondern stets etwas Individuelles ist. Sowohl bei Gefäßleiden als auch bei Herzerkrankungen geht es heute meist nicht ohne Schulmedizin. Allerdings kann die Naturheilkunde mehr leisten als gemeinhin gedacht. Man muss sich nur darauf einlassen. Die vorliegende Ausgabe will Ihnen interessante Aspekte zu diesen Themen näherbringen.