Letztes Jahr kam die 67-jährige Ruth B. (Name geändert) in die Praxis und beklagte, dass sie seit fast drei Jahren unter Zungenbrennen leide. Sie hatte mittlerweile eine Odyssee zwischen Fachärzten und Universitätskliniken hinter sich. Man hatte sie völlig auf den Kopf gestellt und nichts Auffälliges gefunden. Weder fehlte es ihr an den Vitaminen A, B, C oder Eisen, noch stellte man Blutarmut infolge Vitamin-B12-Mangels, Diabetes oder allergische Reaktionen sowie Nahrungsmittelunverträglichkeiten fest. Von zahnärztlicher Seite fanden sich ebenfalls keine möglichen Auslöser wie scharfe Kanten oder ein nicht passgenauer Zahnersatz.
Stress und Lebenskrisen sind oft ein Auslöser
Psychische Ursachen schlagen sich oft auf die Zunge nieder. 2–3 Prozent der deutschen Bevölkerung leiden darunter. Ein brennender Schmerz ist typisch. Wenn man unter Stress oder unverarbeiteten Problemen leidet, kann das die Folge sein. Mitunter verursachen solche Prozesse Verspannungen in Nacken- und Schultermuskulatur und führen zu Fehlbewegungen des Kausystems, Missempfindungen der Mundschleimhaut oder eben zum Zungenbrennen. Mit einer solchen Diagnose, einer sogenannten Somatisierungsstörung, hatte man Frau B. aus der Klinik entlassen.
Durch Forschen nach früheren Erkrankungen stellte sich heraus, dass Frau B. drei Jahre zuvor wegen einer Wundrose für 14 Tage mit einem Antibiotikum behandelt worden war: ein Hinweis, dass die Darmflora durcheinander geraten sein könnte. Zwei bis drei Wochen später, so berichtete sie, habe das Zungenbrennen dezent begonnen und sich in den folgenden sechs Wochen auf die heutige Stärke gesteigert.
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