Liebe Leserin, lieber Leser,
Allergien nehmen seit 20 Jahren kontinuierlich zu. Die unterschiedlichsten Dinge werden hierfür verantwortlich gemacht, besonders Umweltbelastungen, Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln, Störungen des Stoffwechsels und Immunsystems, z. B. durch übermäßigen Einsatz von starken Medikamenten wie
Antibiotika. In diesem Heft greifen wir auf, wie sehr daran auch psychovegetative Faktoren mitwirken. Die fehlende innere Ruhe scheint ein ganz wesentlicher Treibsatz zu sein. Und dies auch schon bei Kindern und Kleinkindern, die Streßbelastungen intuitiv spüren und dann buchstäblich dünnhäutig werden.
Auf einem wissenschaftlichen Symposium der Universität Jena Anfang Dezember referierten Schulmediziner, Psychologen und Naturheilkundler über „Streß“. Einige Erkenntnisse erscheinen mir sehr interessant. So machte ein Referent negativen und positiven Dauerstreß für Infektanfälligkeit und Entlastungsdepression (Beispiel: Urlaubs- oder Wochenenddepression) verantwortlich. Der Grund: durch erhöhte Ausschüttung von Streßhormomen aus der Nebenniere werden bei jedem chronischen Streß die Abwehrzellen gehemmt.
Ein psychologischer Referent gab sogar „todsichere Tips“, wie man möglichst rasch zur seelischen Erschöpfung gelangen kann. Er empfahl, früh zur Arbeit zu kommen, spät zu gehen, immer loyal und in Eile zu sein. Seinen Terminkalender solle man grundsätzlich überbuchen – wie eine Fluggesellschaft. Möglichst vielen Leuten solle man die
Handynummer aushändigen, um rund um die Uhr und überall erreichbar zu sein. Urlaub ja, aber maximal einmal im Jahr, und auch dann solle man sich fragen, ob dieser überhaupt gerechtfertigt und nötig sei …
Letztlich sind verschiedene Faktoren entscheidend, ob Streß krank macht oder nicht. Die persönliche Einschätzung spielt dabei eine Rolle. Wird Streß als Herausforderung verstanden und „ausagiert“, kann er sich sogar positiv auswirken. Wird er als Bedrohung erlebt, macht er krank. Positiv denkende Menschen profitieren eher davon als Menschen, die latent depressiv eingestellt sind.
Wer eine gesunde Ernährung und sportliche Betätigung betreibt, kann negative Faktoren viel besser kompensieren als Menschen, die – natürlich aus Zeitmangel – darauf verzichten. Übrigens: Unterforderung und Leerlauf belasten den Menschen ebenso wie extremer Leistungsdruck und überfüllter Terminkalender. Streß bedeutet nicht zwangsläufig, viel zu arbeiten, sondern: „ja“ zu
sagen und „nein“ zu meinen.
Ein wichtiger Schlüssel sind die sozialen Beziehungen. Allein zu leben macht mehr Streß als in geborgenen Familienverhältnissen. Hilfreich ist offenbar auch eine Art „Streßimpfung“, z. B. durch Imagination: dabei werden im vorhinein Streßsituationen gedanklich durchgespielt und Lösungsmöglichkeiten erarbeitet. Nicht zuletzt müssen wir die
eigenen Belastungsgrenzen abstecken, bevor der Körper dies tut.
Streßgeplagten muß also nicht Angst und Bange sein. Sie können ihr Streßmanagement selbst in die Hand nehmen – und dabei fast „nebenbei“ so manche Immunschwäche, Allergie und Depression besiegen.
Mit besten Grüßen