Oft hören wir zwar das gesprochene Wort unseres Gegenübers, verstehen es aber nicht oder sind schon gar nicht damit einverstanden. Manches Mal wird sogar gesprochen, ohne dass jemand zuhört. Hier kann also nichts verstanden werden. Doch warum kommt es zu Kommunikationsschwierigkeiten in menschlichen Beziehungen? Die Kommunikationspsychologie bietet verschiedene Erklärungsansätze.
Wer nicht richtig zuhört, also kein aktives Zuhören an den Tag legt, ist nicht präsent im Augenblick des Gesprächs. So gehen wesentliche Informationen an einem vorbei und unter, und es kann zu Missverständnissen kommen.
Ferner haben wir die Wahl, mit welchem Ohr wir zu- und hinhören. Die vier Seiten einer Nachricht (gemäß des Vier-Seiten-Modells von Friedemann Schulz von Thun, mit dem eine Nachricht unter vier Aspekten beschrieben wird: Beziehung, Sachinhalt, Appell und Selbstoffenbarung) verdeutlichen dies sehr anschaulich. Höre ich mit dem „Beziehungsohr“ oder mit dem „Sachohr“ hin? Höre ich mit dem „Appellohr“ oder mit dem „Selbstkundgabe-Ohr“ zu?
Je nachdem, welches Ohr ich aktiviere, nehme ich die gesendete Botschaft auf einer anderen Ebene wahr und gebe ihr eine entsprechende Bedeutung. So kann aus dem Satz „Der Kühlschrank ist leer“ ein handfester Streit werden, wenn ich nicht mit dem Sachohr, sondern mit dem Appellohr oder dem Beziehungsohr hingehört habe. Denn dann fühle ich mich durch so einen lapidaren Satz angegriffen oder gar verletzt. Ich interpretiere in diese Aussage, dass ich es nicht geschafft habe, den Kühlschrank zu füllen, und fühle mich aufgefordert, dafür verantwortlich zu sein. Aber ist das auch wirklich immer so?
Gesagt ist noch nicht gehört. Gehört ist noch nicht verstanden. Verstanden ist noch nicht einverstanden.
Die Interpretation einer Nachricht liegt in der Verantwortung des Empfängers. Wir haben es in den meisten Fällen des Alltags tatsächlich selbst in der Hand, wie wir mit Botschaften, Nachrichten und Informationen umgehen. Wie wir sie wahrnehmen, ist entscheidend, wie sie auf uns wirken. Darin liegt der feine Unterschied zwischen Wahrheit und Wirklichkeit. Während wir Ersteres nur schwer erfahren können, weil wir meist nicht frei von unseren Bewertungen sind, entsteht unsere subjektive Wirklichkeit aufgrund der in uns erzeugten Wirkung.
Sehen, was ist, und nicht, was sein sollte
Um zu sehen und zu hören, was wirklich ist und nicht, wie es sein sollte, benötigen wir emotionalen Abstand, eine innere Gelassenheit und Einstellung der Akzeptanz. Die Kunst der Kommunikation besteht im Nichtinterpretieren, im Nichtbewerten und in der objektiven Offenheit, dass alles sein darf, was ist. Es hilft also, im Augenblick präsent zu sein und sich frei zu machen von vorschnellen Ver- und Beurteilungen. Es hilft, sich bewusst zu sein, dass alles Gesagte auch immer eine ganz andere Bedeutung haben kann. Wenn dir jemand sagt, was für ein Idiot du bist, bedeutet dies eben nicht, dass du einer bist. Eventuell ist dein Gegenüber durch eine Handlung von dir verletzt und drückt diese Verletzung darüber verbal aus. Eventuell ist dein Gegenüber auch sauer auf sich selbst und denkt: Angriff ist die beste Verteidigung.
Indem du dein Bewusstsein auf Kurs, rein und klar hältst, wirst du automatisch anders kommunizieren und so deine Beziehung zu dir und zu anderen wertvoller gestalten. Denn wir sprechen nicht nur oft fahrlässig negativ mit anderen, sondern in erster Linie sogar mit uns selbst.
Autorin
Julia Bleser, Kommunikations- und Betriebspsychologin (M. Sc.), ist Gründerin des Instituts für Bewusstseinspsychologie sowie Entwicklerin der MINDCLEANSE®-Methode. Damit hilft sie Menschen bei der Identifizierung ihrer mentalen, emotionalen und energetischen Blockaden, um sie dann transformieren zu können. juliableser.de