Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn Sie bei dieser Überschrift an Fifa, IOC oder andere große Sportverbände denken, liegen Sie falsch. Sie können den Begriff wörtlich nehmen: Ich meine Hersteller von Verbandsmaterialien.
Früher wurde auf eine offene Wunde eine Heilsalbe aufgebracht – je nach medizinischer Ausrichtung in der Klinik „Bepanthen“, im naturheilkundlichen Bereich auch Ringelblume oder Hamamelis. Man deckte größere Wunden oft mit einer Vaselinegaze ab, damit das Verbandsmaterial nicht festhaftet und bei dessen Entfernung die Wunde wieder aufreißt. So ging es jahrzehntelang.
Bei Operationsnarben bewährte sich zudem die offene Wundbehandlung: Nach Entfernung des ersten Operationsverbandes, etwa 24–48 Stunden nach dem operativen Eingriff, wurde nur noch desinfiziert und allenfalls ein Sprühpflaster aufgetragen.
Die „Zuckerbäckerarbeiten“, bei denen in den Zeiten davor mit Mundspateln kunstfertig Salben auf die Wunde aufgebracht und haufenweise Verbandsmaterial eingesetzt wurden, waren damit Geschichte. Man hatte nämlich erkannt: Wenn das körpereigene Fibrin die Operationswunde zugeklebt hat, braucht man sich über eine Infektion „von außen“ keine Sorgen zu machen.
Heutzutage nun haben die Verbandshersteller zahlreiche Produkte mit speziellen Beschichtungen hergestellt. Sie enthalten zum Teil Silber, manche Beschreibungen klingen, als ob es um High-Tech-Produkte aus dem Maschinenbau ginge. Dabei haben sie meist nur die Aufgabe, die Wunde zu desinfizieren und eine leichte Entfernung des Verbandsmaterials zu garantieren.
Ich kann nicht erkennen, dass diese oft sündhaft teuren Produkte im Praxisalltag einen wesentlichen Zusatznutzen bringen. Wo man früher für wenig Geld gleich ganze Rollen von Verbandsmaterial erhielt, gibt es heute sterilisierte und eingeschweißte Verbände – das Stück für sechs bis zehn Euro. Ein läppischer Wundverband – etwa bei einem offenen Unterschenkel – wird damit zu einem äußerst teuren Ereignis.
Zugegeben, das ist nicht der Hauptfaktor für Kostensteigerungen im Gesundheitswesen. Mit dem Thema haben wir uns wiederholt beschäftigt. Einer der Hauptfaktoren für die beträchtlichen Ausgabensteigerungen sind die „innovativen Medikamente“ gegen Hepatitis, Rheuma, Krebs usw., siehe zuletzt Editorial im Naturarzt 3/2016: „Die 1000-Dollar-Pille“. Übrigens erhielt die Redaktion dazu Post: Kein Patient werde heute mehr 48 Wochen mit Sovaldi® bzw. Nachfolgepräparaten therapiert, bei manchen Patienten reichten 8, bei den meisten seien es 12, nur gelegentlich 24 Wochen – täglich eine Tablette für 500 Euro plus Zusatzkosten für andere Medikamente.
Zurück zum Verbandsmaterial: Kann man hier nicht gut „im Kleinen“ erkennen, was sich auch im Großen abspielt? Ist es nicht ein typisches Zeichen unserer Zeit, dass drastische Preissteigerungen bei höchstens überschaubaren Verbesserungen auch insgesamt kostensteigernd wirken? „Das Bessere ist des Guten Feind“, sagt der Pessimist. Es muss nicht so sein, aber in Zeiten in denen schon wieder über Beitragserhöhungen gesetzlicher Krankenkassen diskutiert wird, sollte man auch an solche Kleinigkeiten denken. Nur – dies den Verantwortlichen zuzutrauen, halte ich von vornherein für ein hoffnungsloses Unterfangen.
Optimismus wünscht sich und Ihnen dennoch
Ihr Dr. med. Rainer Matejka