Liebe Leserin, lieber Leser,
am 3. August dieses Jahres verstarb im Alter von 92 Jahren ein Pionier des Heilfastens: Dr. med. Hellmut Lützner. Wer ihn kannte, ist von tiefer Trauer erfüllt. Wer ihm zuhörte, war beeindruckt von seiner ruhigen und klaren Sprache und seinen durchweg präzisen und überzeugenden Argumentationen. Ein Mann des Vertrauens. Einer, wie man ihn sich als Pilot bei einem komplizierten Flugmanöver wünscht, was durchaus ab und an eine Analogie zum Fasten hat. Mit seinem in vielfacher Auflage erschienen Buch „Wie neugeboren durch Fasten“ machte er Fasten in der Bevölkerung populär, sprach vom vorbeugenden Fasten für Gesunde, die auch ambulant fasten können, wohingegen der bereits Erkrankte besser in der Klinik aufgehoben sei.
Als Leiter einer Klinik der Landesversicherungsanstalt (LVA) gelang ihm das Kunststück, das Fasten als zentrale Therapie des Hauses zu etablieren und durch Studien die Wirksamkeit und Effizienz der Methode nachzuweisen. Kaum zu glauben, dass dies in der Klinik eines Rentenversicherungsträgers gelang …
Vor zweieinhalb Jahren führten wir in der April-Ausgabe unseres Magazins Naturarzt ein Interview mit Dr. med. Hellmut Lützner. Besonders nachhaltig und wirklich weise wirkte auf mich seine Formulierung: „Wer vom Fasten redet, muss definieren, was er darunter versteht, denn weder die meisten Laien noch Ärzte haben in der Regel eine konkrete Vorstellung, was sich dahinter genau verbirgt.“ Dies führe zu Missverständnissen und Vorurteilen gerade bei Ärzten, die nie selbst gefastet und auch nie Fastende betreut haben. Wie wahr! Und genau dieses Prinzip gilt für weite Teile der Erfahrungsmedizin.
Deswegen müssen wir Begriffe wie „Naturheilkunde“ oder „Naturheilverfahren“, wenn wir sie gegenüber Dritten verwenden, definieren. Denn auch hier können die Assoziationen in Laien- und Ärztekreisen recht unklar sein. So vermutete eine Mehrzahl von Medizinstudenten hinter dem Begriff „Naturheilverfahren“ vor allem Akupunktur, dann die Homöopathie. Rund zwei Prozent erwähnten die Pflanzenheilkunde. Maßnahmen wie gesunde Ernährung, Bewegung, Stressmanagement, kurzum den gesunden Lebensstil als Basis der Naturheilkunde, erwähnte niemand.
Der Dialog mit Kollegen an Kliniken ist meist noch komplizierter und man merkt: Naturheilkunde und Schulmedizin verstehen sich auch deshalb oft nicht, weil sie nicht die gleiche Sprache sprechen, das Vokabular ist häufig nicht kompatibel. Deswegen sind Definitionen und Klarstellungen für einen gewinnbringenden und wertschätzenden Dialog von Anfang an nützlich.
Mit Datum 1. April 2020 schickte uns Hellmut Lützner sehr berührende Worte: „Lieber Rainer Matejka, ich hab‘ als Corona-Eremit mal richtig Zeit gehabt, die letzten ,Naturärzte‘ zu lesen und bin begeistert von Ihrer Schöpfung: das Blatt für die klassischen Naturheilverfahren! Prachtvoll lesbar nicht nur für Ärzte, sondern auch für Heilpraktiker, Ökotrophologen, Biologen und erfahrene Laien. Ich frage mich, warum ich erst jetzt den Naturarzt so richtig wahrnehme …“
Darauf kann ich nur antworten: „Lieber Hellmut, danke Dir herzlich für die lieben Zeilen – alles erdenklich Gute und bleib weiter unser treuer Leser!
Dein Rainer“
Herzlich grüßt auch Sie