Dipl. oec. troph. Karin Possin

Fragen und Antworten zur braunen Bohne – Was Sie über Kaffee längst wissen wollten

Woher kommt eigentlich die Bezeichnung "Genußmittel"? Ist doch vieles, was dazu gehört, wie Alkohol oder Zigaretten, oft eher Droge. Wie verhält es sich mit dem Kaffee? Der "Durchschnittsdeutsche" trinkt von seinem Lieblingsgetränk einen halben Liter täglich. Viele Ernährungs- und Gesundheitsberater sehen das kritisch, manche reden gar vom "schwarzen Gift". Bekanntlich macht aber erst die Dosis das Gift. Und wie wirkt die dampfende, duftende Brühe unterhalb dieser Dosis – als leckere Medizin? Fragen über Fragen. Kaffeetrinker lieben das Röstgetränk nicht nur aufgrund seines Geschmackes, sondern wegen des Koffeins. Es zählt zur Gruppe der Alkaloide: stickstoffhaltige Substanzen, die in höheren Konzentrationen giftig wirken, in geringen Dosen als Heil- und Betäubungsmittel eingesetzt werden. Koffein ist deshalb Bestandteil verschiedener Medikamente, zum Beispiel gegen Kopf- und Nervenschmerzen sowie gegen Herzschwäche. Wie wirkt Koffein? Nach der Aufnahme von Kaffee wird das Alkaloid vom Darm ins Blut aufgenommen und gelangt über den Blutkreislauf zu den Körperzellen. Nach 30 bis 60 Minuten ist die Koffeinkonzentration im Blut am höchsten. Es dauert durchschnittlich fünf Stunden bis die Substanz abgebaut ist. Koffein stimuliert das Zentralnervensystem, das Atemzentrum, das Gefäßsystem, das Herz und die Nieren. Als Folge vermehrt sich beispielsweise die Harnmenge, die Atmung wird vertieft und die Pulsfrequenz erhöht. Wieviel am Tag vertragen wir? Zwei bis vier Tassen des braunen Getränkes gelten laut Aussage der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) als unbedenklich für das Wohlbefinden von gesunden Menschen. Die Schwankungsbreite ergibt sich durch die unterschiedliche Körperstatur von Personen und durch die unterschiedliche Stärke der Kaffeezubereitung. Als leichte Vergiftungserscheinungen von zuviel Kaffee können Unruhe, Herzklopfen, Übelkeit, Schweißausbrüche, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Schwindel auftreten. Wer unter Schlafproblemen, Herzrhythmusstörungen oder einer Überfunktion der Schilddrüse leidet, sollte auf Koffein verzichten. Die "zugelassene" Menge von zwei bis vier Tassen erscheint relativ hoch. Allerdings ist die Frage "Wieviel verträgt der Organismus?" eine andere als "Wieviel bekommt ihm?" oder gar diese: Wieviel ist gesund? Verschiedene Vertreter der Vollwerternährung, zum Beispiel Dr. M. O. Bruker, betrachten das Volksgetränk relativ kritisch. Das Koffein regt den Körper zu einer Mehrleistung an, dem Körper wird Wachheit und Energiegeladenheit vorgetäuscht, was langfristig zu einer Überforderung führen kann. Wer jeden Morgen Kaffee als Muntermacher gebraucht, auch wenn es "nur" ein bis zwei Tassen sind, benützt das Genußmittel als Krücke, da der Körper nicht aus eigener Kraft heraus wach wird. Sinnvoller ist es, die Grundursache der morgendlichen Müdigkeit zu erkennen und zu beheben. Ein weiteres wichtiges Argument gegen den Kaffee-Dauergenuß: Er übersäuert den Organismus. "Das populärste Getränk der Deutschen ist einer der Gründe, warum sie auch so ‚sauer' sind," heißt es in einem Buch über den Säure-Basen-Haushalt. Schuld daran sind Röststoffe und Gerbsäuren. Deshalb ändert auch das Trinken von entkoffeiniertem Kaffee daran nichts. Wer seinen Säure-Basen-Haushalt im Gleichgewicht halten möchte oder sich – weil er bereits krank ist – basenbetont ernähren muß, für den ist regelmäßiger Kaffeekonsum tabu. Welche Alternativen gibt es? Getreidekaffee ist aus Sicht der Vollwerternährung eine empfehlenswerte Alternative zu den braunen Bohnen, zumindest enthält er kein Koffein und deutlich weniger Gerbsäuren. Das Angebot an "Ersatzkaffee" aus geröstetem Getreide, Zichoriewurzeln, Feigen und/oder Eicheln ist inzwischen sehr breit und vielfältig in den Geschmacksnoten. Ausprobieren verschiedener Sorten lohnt sich. Allerdings enthält auch Getreide-, Wurzel- oder Fruchtkaffee viele Röststoffe. Also muß auch hiermit Maß gehalten werden. Frei von Röststoffen, daher magenfreundlich, aber koffeinhaltig sind Schwarz- und Grüntee. Zwar gilt auch Schwarztee als Säurebildner, er ist insgesamt jedoch verträglicher. Das Koffein wird nicht so "schockartig" im Organismus freigesetzt, so daß eine eher stetige, aber sanftere Stimulation zu erwarten ist. Ist er ein "Flüssigkeitsräuber"? Koffein steigert die Durchblutung der Nieren, was zu einer erhöhten Harnmenge führt. Versuche zeigen, daß nach dem Genuß einer Tasse Kaffee etwa zwei Tassen Flüssigkeit ausgeschieden werden. Wird nicht ausreichend Wasser getrunken, kann dies zu einem Flüssigkeitsdefizit im Körper führen. Auch trockene Haut kann die Folge sein. Ratsam ist es deshalb, wie in südlichen Ländern üblich, zu jeder Tasse Kaffee ein Glas Wasser zu trinken. Erhöht er das Cholesterin? Im Kaffee (auch im entkoffeinierten) sind Fettsäuren enthalten, die sich bei der Herstellung des Getränkes aus dem Pulver lösen. Aus Kaffeepulver, das mit kochendem Wasser übergossen wird, lösen sich mehr von diesen Fettsäuren als bei in der Kaffeemaschine zubereitetem Kaffee – bei dieser Methode wird das Wasser nicht ganz so stark erwärmt. Bei erhöhten Cholesterinwerten empfiehlt es sich, gefilterten Kaffee zu bevorzugen. Papierfilter können etwa 80 Prozent der cholesterinerhöhenden Fettsäuren zurückhalten. Weniger empfehlenswert ist die Zubereitung des braunen Getränkes wie in skandinavischen oder südlichen Ländern üblich. Dabei wird Wasser mit dem Kaffeepulver aufgekocht und nach dem Absetzen der festen Bestandteile zu sich genommen. Erhöht er den Blutdruck? Versuche ergaben, daß Kaffeetrinken den Blutdruck teilweise erhöhen kann, aber nicht immer. Eine Rolle scheint dabei zu spielen, ob der Konsument nur gelegentlich oder regelmäßig das heiße Getränk zu sich nimmt. Bei Gewohnheitskaffeetrinkern wird der Blutdruck durch das Koffein eher nicht beeinflußt. Bei unregelmäßigem Kaffeegenuß dagegen erhöht er sich. Ein generelles Kaffeeverbot bei Bluthochdruck muß deshalb nicht ausgesprochen werden. Es kann jedoch eine individuelle Unverträglichkeit gegenüber Koffein bestehen. Wer eine Erhöhung des Blutdrucks nach Kaffeegenuß feststellt, sollte auf entkoffeinierten oder noch besser auf Getreidekaffee zurückgreifen. Macht Kaffee süchtig? In gewisser Weise schon, denn der Körper gewöhnt sich an das Koffein, man muß immer mehr davon einnehmen, um den gleichen anregenden Effekt zu erzielen. Unter Wissenschaftlern ist diese Antwort zwar umstritten. Doch welch starke Wirkung Kaffee hat, und wie abhängig man davon geworden ist, das zeigt sich manchmal erst, wenn man ihn absetzt: "Entzugserscheinungen" wie tagelanger Kopfschmerz sind nicht ungewöhnlich, in Studien wurden bei Kaffee-Entzug sogar Depressionen registriert. Schadet er dem Embryo? Das Koffein erreicht über den Blutkreislauf den Mutterkuchen in der Gebärmutter. Untersuchungen deuten darauf hin, daß eine Aufnahme von mehr als 300 mg Koffein (etwa drei Tassen Kaffee) am Tag das Wachstum des ungeborenen Kindes verzögert. Eine gewohnheitsmäßige und hohe Koffeinaufnahme fördern Fehlentwicklungen beim ungeborenen Kind. Untersuchungen zeigen, daß die Aufnahme von mehr als drei Tassen des Röstgetränkes das Risiko für Fehl- und Frühgeburten erhöht. Laut anderen Forschungen steigt das Risiko bereits ab 120 Milligramm Koffein am Tag, was etwa 1,2 Tassen entspricht. Gelegentliches und mäßiges Kaffeetrinken während der Schwangerschaft scheint dagegen keinen Einfluß auf die Entstehung von Mißbildungen zu haben. Entkoffeinierter Kaffee ist laut einer amerikanischen Untersuchung keine Alternative, da sich bei einer hohen Aufnahme die Fehlgeburtenrate während der ersten drei Schwangerschaftsmonate erhöht. Besser ist es deshalb, Kaffee vor allem in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft zu meiden. Ist Koffeinfreier wirklich frei? Auch in so genanntem koffeinfreien Kaffee ist ein Rest der anregenden Substanz enthalten. Der Zusatz "entkoffeiniert" darf dann auf das Etikett der braunen Bohnen, wenn weniger als 0,1 Gewichtsprozent Koffein enthalten ist. Kaffee weist üblicherweise ein bis zwei Prozent des Alkaloids auf. Für das zubereitete Getränk bedeutet dies, daß in einer Tasse entkoffeiniertem Kaffee etwa fünf Milligramm der anregenden Substanz enthalten sind, im Gegensatz zu einer normalen Tasse Kaffee mit etwa 100 Milligramm. Im Vergleich dazu weisen eine Tasse Schwarztee circa 60 und ein Glas Cola 45 Milligramm auf. Um den Bohnen das Koffein zu entziehen, dürfen sie vor dem Rösten mit leicht flüchtigen Lösungsmitteln behandelt werden. Entkoffeinierter Röstkaffee kann daher bis zu zehn Milligramm organisches Lösungsmittel pro Kilogramm enthalten. Wer auf solche Rückstände "verzichten" möchte, sollte auf den Zusatz "Mit Kohlensäure entkoffeiniert" achten oder Biokaffee kaufen. Denn bei den ökologischen Lebensmittelverbänden ist die Anwendung von Lösungsmitteln zur Entkoffeinierung verboten. Cappuccino und Espresso? Es gibt verschiedene Röstgrade der Bohnen, nämlich helle, mittlere und dunkle Röstung. Die Röstung beeinflußt den Geschmack des Getränkes ebenso wie die Sortenauswahl. Für normalen Kaffee werden je nach Firma unterschiedliche Kaffeesorten gemischt und hell bis mittel geröstet. Für Cappuccino nimmt man meist dunkler geröstete Bohnen. Die Unterscheidung zwischen Kaffee und Cappuccino liegt auch in der Zubereitung. Für letztere Variante wird die Tasse nur zu zwei Dritteln gefüllt und dann nach italienischer Art mit zu Schaum geschlagener Milch aufgefüllt. In Deutschland bevorzugt man steif geschlagene Sahne. Inzwischen gibt es Cappuccino als lösliches Pulver. Dabei ist Vorsicht geboten. Der süße Geschmack verrät den Zusatz von Zucker. Für Espresso werden ebenfalls dunkel geröstete Bohnen bevorzugt. Der Name bedeutet übersetzt "unter Druck gesetzt", was auf die spezielle Zubereitung hinweist. Espressomaschinen sind so konzipiert, daß sie kochendes Wasser und Wasserdampf durch das Pulver hindurchpressen. Die Folge ist ein intensiveres Aroma als bei normalem Kaffee. Reizt er den Magen? Im Röstkaffee stecken Substanzen, die bei empfindlichen Personen Magenreizungen und Sodbrennen hervorrufen können. Kaffee "lockt" die Magensäure und sollte daher bei Neigung zu Reizmagen, Gastritis sowie bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren gemieden werden. Kaffeefirmen bieten reizarmen Schonkaffee an. Dazu unterzieht man die rohen Kaffeebohnen einem Wasserdampfverfahren, um bestimmte reizauslösende Säuren und Bitterstoffe abzubauen. Bei einem empfindlichen Magen stellt oft auch Espresso eine Alternative zu normalem Kaffee dar. Denn dafür werden säurearme Bohnen ausgewählt. Zusätzlich senkt die spezielle Zubereitung den Gehalt an bestimmten Reizstoffen. Für Magenempfindliche empfiehlt sich außerdem "Café au lait": Der Zusatz von viel Milch bindet die reizenden Substanzen. Fördert er den Schlaf? Ja, aber das ist eher die Ausnahme! Koffein wirkt prinzipiell anregend auf das Zentralnervensystem und damit schlafraubend. Wer selten Kaffee zu sich nimmt, bei dem hat das schwarze Getränk meist eine intensivere aufputschende Wirkung als bei Gewohnheitskaffeetrinkern. Die stimulierende Wirkung des Koffeins kann bei Daueraufnahme nachlassen. Warum Kaffee den Schlaf fördern kann – bekannt ist dies unter anderem bei älteren Menschen –, dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Einige Wissenschaftler führen die schlaffördernde Wirkung darauf zurück, daß Koffein das Gehirn stärker durchblutet und damit auch das Schlafzentrum. Kaffeegenuß führt außerdem anfänglich zu einer kurzzeitigen Entspannungsphase. Bei Menschen, die Kaffee als Schlummertrunk gebrauchen, scheint diese Phase besonders ausgeprägt zu sein. Fördert er die Osteoporose? Durch die verstärkte Harnbildung scheidet der Organismus vermehrt Kalzium über die Nieren aus. Diese Wirkung fördert besonders dann Osteoporose, wenn gleichzeitig über die Nahrung wenig von diesem Mineralstoff aufgenommen wird. Wer gerne Kaffee trinkt, sollte deshalb Wert auf kalziumreiche Lebensmittel wie Sesam und Mandelmus, grünes Gemüse, Wild und Gartenkräuter sowie Milch, Joghurt, Käse legen. Um Osteoporose vorzubeugen, ist es außerdem ratsam, Kaffee nicht direkt nach einer Mahlzeit zu trinken, er behindert die Kalziumverwertung. Was ist Transfair-Kaffee? Viele kleinbäuerliche Familien in sogenannten Dritte-Welt-Ländern sind vom Anbau des Kaffees abhängig und damit vom Weltmarktgeschehen. Da der Preis für die braunen Bohnen in den letzten Jahrzehnten stark gesunken ist, verdienen Kaffeebauern immer weniger. Während 1950 pro Pfund Kaffee im Durchschnitt 14,40 DM bezahlt werden mußte, waren es 1998 noch 9,80 DM, heute liegt der Kilopreis bei etwa 6 Euro. Um einen gerechteren Handel aufzubauen und damit der Armut von Menschen zu begegnen, schlossen sich verschiedene Organisationen wie Unicef, Misereor und Welthungerhilfe zusammen. Gemeinsam entwickelten sie eine alternative Vermarktungsstrategie. Dabei wird den Bauern ein Mindestpreis garantiert, der oberhalb des Weltmarktpreises liegt. Außerdem erhält der Erzeuger langfristige Abnahmegarantien, einen Preiszuschlag für soziale Einrichtungen, der der Kooperative zugute kommt, sowie eine Vorausbezahlung. Für den Kaffeekonsumenten ergibt sich dadurch ein Mehrpreis von etwa 1,50 € pro 500 Gramm. Erkenntlich ist der fair gehandelte Kaffee am Transfair-Siegel. Es gibt ihn in Biogeschäften, in Dritte-Welt-Läden und in Supermärkten zu kaufen. Weiterführende Literatur: - A. HeßmannKosaris: Kaffee: Nicht die Bohne ungesund, Mosaik, München 2000 - K. und R. Possin: Essen Sie sich gesund, Hugendubel, München 2000 - Trautwein LexikonEdition (Hrsg.): Kaffee von A – Z, Compact, München 2000 Dipl. oec. troph. Karin Possin studierte Ernährungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Ausbildung und Beratung. Sie leitet Ernährungskurse, hält Vorträge und gibt Einzelberatungen. Infos unter: www.Possin.com Lecker oder Laster – oder beides? Gesundheitsbewußt jedenfalls ist es, den Unterschied zwischen gelegentlichem "Genuß" und regelmäßigem "Konsum" von Kaffee zu beachten. Wo kommt er her und warum heißt er so? Nicht genau geklärt ist, woher der Name Kaffee stammt. Einige Wissenschaftler vermuten von Kaffa, einer äthiopischen Provinz, die als Ursprungsgebiet der Pflanze gilt. Andere gehen davon aus, daß es sich von dem arabischen Wort "Kahwa" ableitet, das sich mit Stärke oder Lebenskraft übersetzen läßt. Voraussetzung für das Wachstum des Kaffeebaumes ist ein feuchtwarmes, subtropisches bis tropisches Klima. Die Anbaugebiete liegen deshalb in Mittel- und Südamerika, in Afrika sowie in Asien. Die Ernte erfolgt hauptsächlich zwischen Dezember und März. Gepflückt werden die Früchte per Hand. Die Kaffeepflanzen bringen rote oder gelbe Früchte hervor, in deren Inneren in der Regel zwei Samen eingebettet sind. Nach Entfernung des Fruchtfleisches erhält man die beiden mattgrünen Bohnen. Im Rohzustand sind die Samen ungenießbar. Durch das Rösten bei 200 bis 230° C für bis zu zehn Minuten erhalten sie ihre braune Farbe und den unverwechselbaren Geschmack. Es gibt zwei Kaffeepflanzenarten, die von weltwirtschaftlicher Bedeutung sind: Coffea Arabica und Coffea Canephora, die auch als Robusta bezeichnet wird. Erstere weist einen feinen, milden Geschmack auf, letztere einen herben und intensiveren. Von beiden Arten gibt es unzählige Sorten. Jeder Kaffeeröster komponiert seine Spezialmischung aus verschiedenen Bohnen sowie seinem eigenen Röstverfahren. Deshalb schmeckt jede Kaffeemarke unterschiedlich.