Liebe Leserin, lieber Leser,
mir liegt eine „Menüservicekarte“ eines großen deutschen Gesundheitsdienstleisters vor. Darin wird Essen auf Rädern „à la carte“ angeboten. Zunächst einmal ist dieses Angebot gerade für betagte Senioren, die noch im eigenen Umfeld leben, eine gute Sache. Doch beim Blick auf die Gerichte kommen mir Bedenken. Mir schwirrt der Kopf vor lauter Salzkartoffeln. Warum Salzkartoffeln? Schon oft haben wir beschrieben, wie sehr die heutige Ernährung mit Salz übersättigt ist und dies unter anderem zu Belastungen der Niere, möglicherweise zu Magenkrebs, aber zumindest bei einem Teil der Patienten auch zu Bluthochdruck beitragen kann (z. B. zu Bluthochdruck ausführlich in Naturarzt 4/2012).
Des Weiteren imponiert die Fleischlastigkeit der Ernährung: Ich sehe Fleischklößchen, panierte Schweineschnitzel, Lammkeulenbraten, Rinderfrikadellen, Rahmgeschnetzeltes vom Schwein, Rheinischen Sauerbraten, „Festtagssuppe“ mit Rindfleisch, Schweinegulasch „Hausfrauenart“, Frikadelle „Gutsherrenart“ und natürlich auch den unvermeidlichen Hackbraten. Eigentlich täglich eine derartige Fleischmahlzeit. Dabei dominiert rotes Fleisch mit seinen ungünstigen gesättigten und entzündungstreibenden Fettsäuren wie Arachidonsäure: Schwein und Rind.
Warum ist es nicht möglich, statt einem Übermaß an rotem Fleisch mehr auf Fisch auszuweichen und vor allem den Gemüseanteil – fein und bekömmlich gegart – zu erhöhen? Dass Salat eher zurückhaltend gereicht wird, würde ich bei betagten Menschen nicht einmal als gravierenden Nachteil sehen, da er wegen des schlechten Kauvermögens oft kaum zerkleinert werden kann. Aber man könnte durchaus mehr Wert auf die Zufuhr hochwertiger Fettsäuren legen und gleichzeitig die Menge an ungünstigen Fettsäuren verringern, wie wir es in dieser Zeitschrift vielfach beschrieben haben. (Zu Omega-3 zuletzt Naturarzt 6 und 3/2015.)
Immerhin gibt es auch vegetarische Menüs. Dabei dominiert allerdings der Stärkeanteil mit Kartoffeln, Nudeln etc. Stattdessen wäre mehr Hirse, Quinoa, Reis wünschenswert. Die Zusammenstellungen sehen sich optisch farblich jeden Tag ziemlich ähnlich. Auch hier könnte man sicherlich etwas mehr Varianten hineinbringen.
In einem Seniorenheim sehe ich, wie zum Abendessen als Nachtisch einmal ein giftgrüner Wackelpudding – den man noch aus Kinderzeiten kennt – oder ein 500-ml-Becher „Fruchtjoghurt“ gereicht wird. Wenn schon der minderwertige Fruchtjoghurt mit viel Zucker und geringem Fruchtanteil, warum diese große Menge? Allein das üppige Milcheiweiß dürfte dem einen oder anderen nicht zuträglich sein.
Ich bin mir bewusst, dass vor allem der betagte Mensch nicht einfach auf eine vegetarische Vollwertkost umgestellt werden kann. Aber gesundheitliche Aspekte könnten selbst im Rahmen der Großküchen etwas mehr berücksich-tigt werden.
Auf einem anderen Sektor gibt es positive Beispiele. So offeriert ein großes Unternehmen der Energiebranche in der Kantine neuerdings auch eine spezielle Vitalkost. Dabei werden wichtige Grundfaktoren einer gesunden Kost besonders beachtet, vor allem die Wertigkeit der Fette, eine gewisse Zurückhaltung bei Stärke und Gluten und mehr Gemüse – das alles schmackhaft und optisch ansprechend zubereitet. Diese „Linie“ kommt bei den Mitarbeitern offenbar gut an. Gesunde Ernährung „für alle“ ist möglich – wenn alle Beteiligten es wollen.
Mit besten Grüßen
Ihr Dr. med. Rainer Matejka