Liebe Leserin, lieber Leser,
jüngst fällt mir ein Boulevardmagazin in die Hände, das Leserinnen und Lesern auf der Titelseite „mehr Energie im Alltag“ verspricht – dank der „fünf besten Kraftquellen“. Interessiert schlage ich die besagte Seite auf und finde dort Ratschläge aus aller Herren Länder: China bietet einen Kreislaufkick durch Akupressur. Man soll die Fingerkuppen der einen Hand mit dem Daumen der anderen Hand nacheinander kurz und kräftig drücken. Dann die Hand wechseln. Das regt den Kreislauf an und steigert die Konzentrationsfähigkeit. Abwegig ist das Ganze nicht, denn in den Fingern entspringen diverse Akupunkturmeridiane, unter anderem der Dünndarmmeridian, der eng mit dem Herzmeridian verkoppelt ist (kleiner Finger).
Die Volksmedizin der Mongolei wartet mit der Rosenwurz (Rhodiola rosea) auf. Diese Pflanze wurde in den letzten Jahren recht gut erforscht und gilt als effektives Präparat bei Müdigkeit, Erschöpfung oder Burnout. Auch in der alltäglichen Praxis stellt Rosenwurz in der Tat einen Behandlungsfortschritt dar.
Als nächstes ist Kalifornien an der Reihe. Mit Walnüssen aus dem sonnenverwöhnten Staat soll man das Gehirn versorgen. Sie enthielten von allen Nüssen am meisten Omega-3- Fettsäuren und verbesserten die Durchblutung. Bereits eine halbe Hand voll Walnusskernen zeige Wirkung, verheißt der Artikel mit den internationalen „Gesundheitstipps“. Tatsächlich ist bekannt, dass Walnuss auch blutdrucksenkend wirkt.
Aus Japan kommt der Matcha Tee. Ein gemahlener Grüntee, der entspannt und stärkt. Für die richtige Zubereitung wird ein Set aus dem Teeladen empfohlen, das Keramikbecher oder -schale, Bambuslöffel und einen Minibesen aus Bambus zum Aufschäumen umfasst.
So weit, so gut. Ein wahrhaft weltmeisterlicher Ratschlag aus Deutschland beschließt den Reigen. Ich staune nicht schlecht. Bei plötzlicher Müdigkeit wüssten deutsche Ärzte das perfekte Gegenmittel: ein Brötchen mit Leberwurst. Dieser reichhaltige Aufstrich mobilisiere Stoffwechsel und Zellen dank einer ordentlichen Portion Vitamin B12. Wer keine Leberwurst mag, darf stattdessen zu Rotbarsch, Camembert und Emmentaler greifen, heißt es. Auch das seien gute Vitamin- B12-Lieferanten.
Mit Verlaub: Die Bedeutung von Vitamin B12 wird sicherlich noch immer nicht richtig erkannt, ein Mangel häufig übersehen und seine Auswirkung unterschätzt. Ein durchaus großzügiger Einsatz von Vitamin B12 ist daher sicher oft richtig und empfehlenswert. Aber mit einem Leberwurstbrot aufsättigen? Bei echtem Mangel gehe ich dann doch anders vor und empfehle einige B12- Spritzen oder rate ein hochdosiertes, modernes Präparat an. Der Vorteil: B12 hat eine Halbwertzeit von 485 Tagen. Sind die Depots erst einmal gefüllt, hat man eine ganze Zeit lang „Ruhe“.
Als Akutmittel für zwischendurch, wenn sich tatsächlich ein „Durchhänger“ ankündigt, ist B12 sicher nicht das richtige Mittel. Hier schlage ich schnell wirksame, natürliche Alternativen vor: Weißdorntropfen bei niedrigem Blutdruck, Wechselsitzbäder, Ohr massieren (aktiviert wichtige Akupunkturpunkte und sorgt im positiven Sinn für „einen Satz heiße Ohren“). Oder Sie legen gleich das Deutsche Sportabzeichen ab. Nach Sprints und Kugelstoßen sind Sie in jedem Fall fit …
In diesem Sinne
grüßt Sie herzlich
Ihr Dr. med. Rainer Matejka