Liebe Leserin, lieber Leser,
der Begriff „Reizdarm“ ist mittlerweile jedermann geläufig. Das Beschwerdebild ist nicht lebensbedrohlich, beeinträchtigt aber die Lebensqualität unter Umständen stärker als Diabetes oder eine moderate Herzschwäche. Allerdings können sich hinter den Symptomen auch gravierende Erkrankungen verbergen, z. B. Darm- oder Eierstockkrebs, bei Durchfall auch Zöliakie, eine Infektion mit Lamblien oder M. Crohn. Deshalb wird die Diagnose Reizdarm zu Recht als Ausschlussdiagnose bezeichnet, die erst dann gestellt wird, wenn vielfältige Untersuchungen keinen besonderen Befund erbracht haben. Steht schließlich die Diagnose Reizdarm, bleibt die Frage, was zu tun ist. Abgesehen von Empfehlungen zur Entspannung, dem vorsichtigen Einsatz löslicher Ballaststoffe, der Reduzierung bestimmter fermentierbarer Saccharide (FODMAP) erscheinen die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie doch recht dürftig.
Man denke bei Reizdarm mit Durchfall auch an ein Gallensäureverlustsyndrom oder an eine Schwäche der Bauchspeicheldrüse. Beides lässt sich durch Stuhluntersuchungen leicht abklären. Bestehen die Beschwerden vor allem nachts, deutet dies biorhythmisch auf Leber und Galle hin. Mittels Stuhluntersuchungen lassen sich oft Hinweise auf ein „Leaky Gut“ (durchlässige Darmwand) finden. In diesem Fall helfen Kombinationspräparate mit Grünteeextrakt, Zink und Glutaminsäure.
Ernährungswissenschaftliche Untersuchungen sehen neben Weizen und Kuhmilch eine Reihe weiterer Nahrungsmittel als beim Reizdarm schlecht verträglich an, z. B. Pilze, Kakao, Schokolade, Hafer (!), Kaffee und stark fruktosehaltige Nahrungsmittel. Gegebenenfalls sollten Betroffene einen Auslass- und Provokationstest durchführen. Wichtig ist auch die küchentechnische Zubereitung. Kochen, Dämpfen und Dünsten macht Nahrung oft bekömmlicher, Rohkost eignet sich, wenn überhaupt, nur in kleinen Mengen. Und auch transkulturell gibt es interessante Ansätze: Während im Rahmen gesunder Kost oft Getreide/Obstmischungen (Müslis) zum Frühstück empfohlen werden, sagt die Ayurvedische Medizin, „aus der Kälte der Nacht“ müsse man mit einer warmen Mahlzeit beginnen. Wie wär’s daher mit einer Suppe in der Frühe? Unumstritten bei Reizdarm sind regelmäßige körperliche Aktivität und Entspannungsverfahren.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Weltgeschehnisse erhalten diese Überlegungen allerdings eine andere Verhältnismäßigkeit. Denn in Gedanken bin ich bei den Menschen in Mariupol, Cherson, Odessa und Kiew. Orte, die ich persönlich kenne. Möge es so kommen, wie Dr. Wolf-Jürgen Maurer es in seinem Beitrag „Frieden statt Krieg“ beschreibt.
Mit hoffnungsvollen Grüßen,