Liebe Leserin, lieber Leser,
„Das Immunsystem stärken, was heißt das eigentlich? Im Grunde wissen wir gar nicht so viel Genaues darüber …“, äußerte kürzlich ein Forscher. Nichtsdestotrotz zeigen Erfahrung und Studien schon lange gute Effekte klassischer Naturheilverfahren: Kneipp-Güsse, ansteigende Bäder und regelmäßige Saunagänge zur Vorbeugung von Infektionskrankheiten sind bekannt. Nach neueren Untersuchungen soll u. a. tägliches Gurgeln mit Grüntee viralen Infekten vorbeugen helfen. Auch die omnipotenten Omega-3-Fette wirken offenbar immunstärkend. „Vitamin-D-Shots“ im Herbst haben inzwischen einen festen Platz, wenn es darum geht, das Immunsystem winterfest zu machen.
Unreflektiertes Stimulieren des Immunsystems mit allem, was theoretisch helfen könnte – von Echinacea über Rote-Bete-Saft bis hin zur Misteltherapie –, kann aber auch nach hinten losgehen. In der alternativen Krebsmedizin der 1990er-Jahre war eine solche Verfahrensweise ziemlich verbreitet. Längst weiß man aber: Bestimmte Unterformen weißer Blutkörperchen, die möglichweise schon zu stark aktiviert sind, werden noch weiter stimuliert, andere, die aktiviert werden sollten, eher gehemmt. Als besonders wichtig werden immer wieder „Natürliche Killerzellen“ (NK-Zellen) und Helferzellen beschrieben. Das Immunsystem stärken, heißt demnach gerade auch beim Krebspatienten, die richtige Balance zu finden.
Beim Thema Immunsystem denken wir seit Jahren auch an die Bedeutung des (Dünn)darms. Insbesondere wegen der immer häufiger auftretenden Nahrungsmittelunverträglichkeiten rückt dieses Organ seit Jahren in den Fokus der Betrachtungen. Der Begriff „Leaky Gut“ (durchlässige Darmwand), der eine Überschwemmung des Organismus mit unerwünschten Substanzen und Allergenen beschreibt, ist inzwischen in Laienkreisen bekannter als in der klinischen Medizin. Neue Untersuchungstechniken wie die Laserendoskopie zeigen: „Leaky Gut“ scheint Realität zu sein. Insbesondere auf Weizen reagieren die Darmwandzellen mit erhöhter Durchlässigkeit. Ähnliche Reaktionen zeigen sich auf Kuhmilch und Ei.
Mittlerweile empfehle ich allen Menschen mit multiplen Nahrungsmittelintoleranzen und Allergien eine „Six-food-elimination-diet“: die weitgehende Meidung von Weizen, Kuhmilch, Ei, Soja, Nüssen und Südfrüchten (insbesondere Kiwi und Ananas). Vieles spricht dafür, dass der schon vor Jahrzehnten geprägte und lange belächelte Begriff „Rückvergiftung aus dem Darm“ zutrifft. Der ehemalige Frankfurter Ordinarius für Innere Medizin und Naturheilkunde Prof. Karl Pirlet (1920 – 2010), der sich Jahrzehnte mit der Thematik beschäftigt hatte, lag somit genau richtig.
Mit besten Grüßen,