Liebe Leserin, lieber Leser,
im Bereich der „Alternativmedizin“ begegnen einem derzeit einige Pessimisten, die das Ende eines Maya-Kalenders als Weltuntergang am 21. Dezember interpretieren oder sich in ähnlicher Weise auf Nostradamus beziehen. Ich traue mich vorherzusagen: Es wird auch nach Ablauf des Maya-Kalenders weitergehen, allerdings – wenn man die Weltlage betrachtet – an vielen Stellen wie in den letzten Jahren mit erheblichen Schwierigkeiten. Was Deutschland betrifft, so erwarte ich: Stagnation, tendenziell Deflation und Weiterjammern auf hohem Niveau – wenn es gut läuft …
Für die naturheilkundliche Medizin sehe ich ebenfalls eine eher gemischte Perspektive. So etwas wie staatliche Förderung, etwa bei der Erforschung, wird man auch in Zukunft bei uns nicht finden. Zum Vergleich: In den USA wird die Erforschung von „complementary medicine“ mit mittlerweile weit über 100 Millionen USD pro Jahr gefördert. Krankenkassen werden alternative Konzepte höchstens hier und da als Marketinggag auf der Jagd nach neuen Mitgliedern unterstützen. Und aus den Medien ist offenbar zunehmend Gegenwind zu erwarten, wobei alles, was nicht medizinischer Mainstream ist, in einen Topf gerührt wird: Ob Homöopathie, Akupunktur oder Feng Shui – alles „Aberglaube“ und „Esoterik“ … (siehe dazu Editorial in Heft 12/2012).
Das macht uns aber nichts aus, denn letztendlich hat es jeder von selbst in der Hand, ob er bloß eine symptomatische oder eine möglichst ursächlich ansetzende medizinische Behandlung haben möchte. Und diese hat meist wenig mit Medikamenten zu tun, die von der Kasse nicht mehr bezahlt oder denen von Aufsichtsbehörden die Zulassung entzogen wird, sondern zu allererst mit einem klassischen Urprinzip der Naturheilkunde: der „Eliminatio“, dem Weglassen möglicher krankmachender Faktoren.
Leipziger Forscher wollen sich neuerdings verstärkt mit Herzkrankheiten, Bluthochdruck und Diabetes beschäftigen, weil die Ursachen dieser Erkrankungen angeblich noch nicht bekannt seien. Was für ein Unsinn. Beim primären Bluthochdruck lauten die Ursachen nach neuester schulmedizinischer Fachliteratur: Übergewicht, Insulinresistenz, Alkohol, Kochsalz, Stress, Rauchen, Immobilität, erniedrigte Kalzium- und Kaliumaufnahme. Massenhaft Dinge, bei denen die Naturheilkunde Entscheidendes zu bieten hätte.
Die Alternativmedizin könnte etwas mehr vom „zurück zu den Wurzeln“ vertragen. Vor 150 Jahren erschien die erste Ausgabe Naturarzt, das erste Titelblatt datiert vom vom 15. Januar 1863. Der Radikalismus der Anfangszeit ist uns heute fremd. Alternativmedizin im 21. Jahrhundert erfordert einen Spagat zwischen Tradition und Moderne (siehe auch das Interview mit Prof. Jütte in dieser Ausgabe). Doch die Erkenntnis, wie viel von „anno dazumal“ noch aktuell ist, macht gleichermaßen immun gegen unrealistische Heilsversprechen wie düstere Prophezeiungen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine hoffnungsvolle Nach-Maya-Kalender-Zeit und alles Gute für 2013!