Liebe Leserin, lieber Leser,
auf die Frage, welche klinische Disziplin in der Medizin inhaltlich besonders weit von naturheilkundlichem Denken entfernt ist, fällt mir immer wieder ein Fachgebiet ein: die Neurologie, die sich mit Nerven und ihren Erkrankungen befasst. Nicht nur spielen die Krankheiten des zentralen Nervensystems oft in einer anderen Liga. Auch das gegenseitige Verständnis zwischen Neurologie und Naturheilkunde ist gering, wobei man zugeben muss, dass bei organisch-neurologischen Erkrankungen (z. B. Parkinson, Epilepsie, Nervenverletzungen als Folge von Unfällen etc.) die naturheilkundlichen Möglichkeiten meist sehr begrenzt sind.
Kürzlich widmete sich das Deutsche Ärzteblatt der Thematik des kindlichen Kopfschmerzes. Sicherlich muss auch bei einem solchen Beschwerdebild an die Möglichkeit einer schwerwiegenden Erkrankung – etwa an eine Tumorerkrankung – gedacht werden. Vor allem Doppelbilder, Schwindel, Gangunsicherheiten deuten auf einen unter Umständen gravierenden Befund hin und erfordern die weitergehende intensive Diagnostik. Zum Glück wird sich in den meisten Fällen hinter kindlichem Kopfschmerz aber nichts wirklich Ernstes verbergen. Entwicklungsstadien des Kindes können eine Rolle spielen, seelische Spannungen, etwa im Zusammenhang mit der Schule oder familiären Problemen. In den letzten Jahren kommen immer mehr Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten als mögliche Ursachen hinzu. Nicht selten geben Kinder zudem Verdauungsbeschwerden an, die sie immer wieder in Wechselwirkung zu ihren Kopfschmerzen beobachten.
Teilt man einem gestandenen klinischen Neurologen den Verdacht mit, dass immer bei Verdauungsbeschwerden wie heftigen Blähungen Kopfschmerzen auftreten, verdreht dieser meist die Augen und streitet einen Zusammenhang ab. Dabei wissen wir aus der praktischen Erfahrung, dass oft einfache Mittel hilfreich sind: bekömmliche Kost, die Vermeidung der als unverträglich erkannten Nahrungsmittel und Maßnahmen, die wir unter dem Schlagwort „Darmsanierung“ zusammenfassen.
Ansonsten helfen oft gerade auch bei „nervösen“ oder psychovegetativen Beschwerden ausgewählte Homöopathika, Mineralstoffe wie Magnesium oder auch regulative Verfahren wie Laserakupunktur oder die Akupunktmassage nach Penzel. Oft können schon wenige Behandlungen eine nachhaltige Linderung bewirken.
Doch die letztgenannten Verfahren sind in der Neurologie faktisch unbekannt. So verwundert es nicht, dass in besagtem Ärzteblatt allerlei Expertenmeinungen zum Tragen kommen: „Die Stärkung der Person des Kindes, die Unterstützung bei der Entwicklung von Coping-Strategien, die Schulung der sozialen Kompetenz von Mitschülern und Lehrern, z. B. über sonderpädagogische Projekte zur Konfliktbewältigung im Schulalltag als systembezogene Intervention oder über die Information der Lehrperson über die Erkrankungssituation des Schülers und den möglichen Zusammenhang zu Faktoren des Schulalltags als individuelle Intervention erscheinen relevant, möglich und induziert zur Reduktion psychosozialer Stressoren.“
Alles klar? Ich finde, dieser Satz allein löst schon Kopfschmerzen aus. Deswegen versuchen wir es, wenn organische Ursachen ausgeschlossen sind, gerne erst einmal mit einfachen und klassischen Naturheilverfahren.
Mit besten Grüßen
Ihr Dr. med. Rainer Matejka