Liebe Leserin, lieber Leser,
gerne wird heutzutage von der Schnellebigkeit unserer Zeit und von der allgemeinen Reizüberflutung gesprochen. Das sei eine Ursache für steigende Gereiztheit und Nervosität quer durch alle Generationen.
Betrachtet man einige alltägliche Begebenheiten, fragt man sich, was denn an unserer Zeit so „schnell“ sein soll. Kaufte man vor einem Vierteljahrhundert eine Bahnfahrkarte – sagen wir von Frankfurt nach Passau – war es eine Angelegenheit von Sekunden, bis der Bahnbedienstete die kleine braune Rechteckfahrkarte zur Hand hatte. Fährt man heute von Hintertupfingen nach Unterdingharting, muß der Angestellte erst diverse umständliche Eingaben machen, bis endlich eine überdimensionierte Fahrkarte ausgedruckt wird.
Wo man früher mit Drehknöpfen leichtes Spiel hatte, gerate ich heute beim Kauf eines modernen technischen Geräts sofort in Wut, wenn ich schon Aufschriften wie „mode“, „reset“ oder „enter“ lese. Stellt sich doch meist heraus, daß die angeblich so einfache Programmierung trotz genauen Studiums der katalogdicken Beschreibungen nicht funktioniert und auch „Experten“ nach längerem Herumdrücken zum Nichtfunktionieren nur noch zu sagen wissen: „Das dürfte eigentlich nicht sein.“
Ging man früher in ein Möbelhaus, um einen Schrank auszusuchen, wurde umgehend, zumindest wenige Tage später geliefert. Heute gehen für die Lieferzeiten ganze Vierteljahre ins Land. Die Lieferung erfolgt grundsätzlich inkomplett, teilweise beschädigt oder mit falscher Farbe. Bis zur Ergänzung gehen wiederum diverse Wochen ins Land.
Diese Beispiele sind anekdotenhaft. Aber sie zeigen, daß vieles nur scheinbar schneller abläuft, in Wirklichkeit jedoch manches immer langatmiger und umständlicher wird, weil gerade im Zeitalter der Informationsgesellschaft Menschen zunehmend aneinander vorbeireden. Die angebliche Schnellebigkeit umschreibt die Hektik, die wir uns im Leben selbst machen. Nicht zuletzt die (uneingestandene) Sorge, irgendetwas Wichtiges zu verpassen, mag dabei eine Rolle spielen.
Nun könnte man fragen, was die Naturheilkunde gegen Hektik und gegen das Aneinandervorbeireden zu bieten hat? Sicher allerlei Entspannungstechniken, zum Beispiel Autogenes Training und Tai Chi, die je nach Neigung des einzelnen unterschiedlich geeignet und wirksam sein können.
Pflanzenheilkundlich bieten sich sogenannte „Phytotranquilizer“ wie Baldrian, Melisse oder Hopfen an. Wer ein dickeres Fell braucht, dem kann Kava-Kava helfen, der aus der Südsee stammende Rauschpfeffer. Zur Nervosität neigende Menschen bringt die Neuraltherapie im Bereich der Schilddrüse Entlastung, selbst wenn die Schilddrüse im internistischen Sinn unauffällig sein mag.
Am wichtigsten erscheint mir jedoch die Ordnungstherapie: einen Prioritätenplan für die Lebensführung aufstellen und diesen konsequent abarbeiten. Den persönlichen Radarschirm aufräumen, damit nicht zu viele gleichzeitige Flugbewegungen den eigenen Luftraum unsicher machen.
Dabei kann helfen: einmal eine Zeitlang keine Zeitung lesen, kein Fernsehen, keine Nachrichten, keine Telefonate, schon gar keine „Unterhaltung“ und „Ablenkung“ suchen, sich aber viel und möglichst intensiv in der Natur aufhalten. Der Einzelne wird feststellen, wenn er sich dann wieder in die täglichen Niederungen des Alltags begibt, daß er viel mehr gewonnen als verpaßt hat.