Liebe Leserin, lieber Leser,
weder bin ich ein Experte auf dem Gebiet der Feinschmeckerei noch ein großer Weinkenner. Gern lese ich aber entsprechende Berichte ausgewiesener Experten über ihre Erfahrungen in Luxusrestaurants. Allein die Sprache, besser gesagt: der Jargon, ist amüsant und erweitert den Wortschatz.
Vor einigen Jahren hatte ich mich bereits an dieser Stelle über die Gänsestopfleber-Wachteleier-an-Hummersauce-Küche lustig gemacht. Ich fragte, warum Spitzenköche sich so selten an eine Optimierung vegetarischer Kost heranwagen. Dies scheint zwar mittlerweile etwas anders zu sein: zumindest teilweise hat ein Umdenken stattgefunden. Auch der „Koch des Jahrhunderts“ – Eckhardt Witzigmann – soll mittlerweile eine Schwäche für die vegetarische Küche entwickelt haben. Gleichwohl scheint dieser Trend auf die normale Gastronomie nur bedingt durchzuschlagen.
Vor, sagen wir, 20 Jahren dominierte vielfach noch „gutbürgerliche Küche“ mit diversen Schnitzel- und Beefsteak-Variationen, später wurde die allmählich aufkommende mediterrane und asiatische Küche immer populärer. In den letzten Jahren wurde die einheimische Küche weitgehend verdrängt bzw. ersetzt durch ein merkwürdiges Gemisch aus Fastfood-Restaurants auf der einen Seite und Möchtegern-besseren-Restaurants, die sich besonders in Kongreßhotels bzw. internationalen Hotelketten wiederfinden.
Plötzlich wird man tief im Binnenland allerorten mit Tiefseegarnelen drangsaliert, die unter erheblicher Umweltbelastung in speziellen Zuchtanlagen produziert werden. Bei den vegetarischen Speisen dominieren oft labberige Pilzgerichte oder mit Käse überbackener Brokkoli – richtige Testessen für die Gallenblase also.
Fragt man nach Alternativen, erlebt man häufig, wie schwer sich Küchen mit „auf den Punkt“ gegartem Gemüse tun. Der Grund: vielerorten stecken hinter einer überkandidelten Speisekarte oft Fertigprodukte, die auf einem simplen Dreiplattenherd oder in der Mikrowelle aufgewärmt und garniert werden.
Somit hat sich unter dem Strich in vielen Restaurants im Sinne der vegetarischen Küche nicht allzuviel getan …
Häufig hat man den Eindruck, auch beim Essen setze sich eine Entwicklung durch, die ein bekannter Weinkritiker beobachtet: Weltweit werde ein Einheitsgeschmack propagiert und zunehmend auch produziert. Beim Rotwein sei dies ein Geschmack nach Brombeermarmelade und Vanille, der zudem „kuschelhäschenweich“ sei, anstatt den individuellen Charakter seiner Herkunft widerzuspiegeln.
Deshalb wünsche ich mir bei der Kost eine optimierte, aber einfache regionale Küche. Diese würde dem Gebot der Nachhaltigkeit unter Verwendung lokaler Produkte mit kurzen Transportwegen entsprechen. Statt ausgefallener und oft völlig absurder Speisenkombinationen wären mehr im Umgang mit Gemüse erfahrene Köche wünschenswert.
Auch möchte ich im Restaurant mal wieder eine Suppe essen, auf deren Grund keine Shrimps, Muscheln oder Zuchtlachsstreifen lauern. In diesem Sinne wünsche ich auch Ihnen viel Erfolg beim nächsten Restaurantbesuch!
Mit besten Grüßen