Was die Naturheilkunde schon lange wusste …

Was die Naturheilkunde schon lange wusste …

Liebe Leserin, lieber Leser,
das Thema gesunde Ernährung ist seit jeher ein zentrales Anliegen der Naturheilkunde. Der Wert der Nahrung bemisst sich heute nicht allein an gesunden Inhaltsstoffen – etwa am Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen oder bestimmten Fettsäuren – sondern auch an der Bekömmlichkeit und in den letzten Jahren zunehmend an Kriterien wie Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Nahrungsmittelgewinnung. Vereinzelt wird die Meinung geäußert, eigentlich sei zum Thema Ernährung inzwischen „alles gesagt“. Da wäre ich mir nicht so sicher …

Auf der Münchner Tagung der Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung (ÄGHE) Ende Juni betonte der bekannte Experte Prof. Hans Hauner einige bemerkenswerte Tatsachen, über die noch öfter in der Gesundheitspolitik und Öffentlichkeit gesprochen werden sollte: Demnach gehen 30 Prozent der Ausgaben im Gesundheitswesen auf ernährungsbedingte Erkrankungen zurück. Im günstigen Fall kann Ernährung das Leben statistisch um zehn Jahre verlängern, im ungünstigen um zehn Jahre verkürzen. Auch wer erst mit 80 seine Ernährung verbessert, profitiert noch davon. Das zeigt eine chinesische Studie. Für 30 Prozent der Krebsfälle im Alter zwischen 40 und 70 Jahren spiele ungesunde Ernährung eine ursächliche Rolle. Bedauerlicherweise finde aber ein Screening des Ernährungsstatus in Kliniken so gut wie nicht statt, in der Onkologie schon gar nicht. Dabei versterben 20 bis 30 Prozent der Krebspatienten nicht am Krebs selbst, sondern an Mangelernährung!

Zu den drei gesunden Grundformen der heutigen Ernährung zählen Vollwertkost, ovo-lacto-vegetarische Kost und mediterrane Kost. Schon eine erstaunliche Entwicklung. Man kann sagen: In der Naturheilkunde immer schon bevorzugt empfohlene Ernährungsformen sind jetzt wissenschaftlich anerkannt. Noch in den Nullerjahren las ich im Prospekt einer Rehaklinik in Brandenburg, man reiche eine gesunde „Vollkost“, keine „Vollwertkost“, da dieser Begriff „ideologisch belastet“ sei.

Und auch die Empfehlungen der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) – die wir an dieser Stelle öfters kritisierten – haben sich komplett verändert. Faktisch wird jetzt eine Art Pesco-Vegetarismus empfohlen, also Gemüse, Obst, Vollkorngetreide, pflanzliche Öle und Fisch. Bei Fleisch gilt nun die Devise „weniger ist mehr“, Süßes, Salziges und Fettes solle man „besser stehen lassen“. Es wirkt fast so, als ob etliches aus dem bekannten, erstmals 1981 erschienenen Lehrbuch „Vollwert-Ernährung“ (Koerber/Männle/Leitz­mann) entnommen wurde. Wer hätte das zu Beginn des Jahrhunderts gedacht?

Dr. med. Rainer Matejka